Kirchenrecht. 319
die Eigenlirchen (5 24); He y er, Der Titel der Kanonessammlung Gratians, Z. f. R. II, 1912;
Sägmüller, Die Idee Gregors VII. vom Primat in der päpstlichen Kanzlei, Th. O. LXXVIII,
; P. Fournier, Deux controverses sur les origines du Décret de Gratien, R. d’hist. et
de litt. rel. III, 1898; Thaner, Abälard und das kanonische Recht . ., 1900; Hüffer,
Beiträge zur Geschichte der Quellen des Kirchenrechts und des römischen Rechts im Mittelalter, 1862.
Zitiert wird das Dekret regelmäßig nach canop) 1 und Deistinctio), und zwar der erste,
in 101 (100) Distinctiones und innerhalb derselben wieder in canones zerfallende Teil aus-
nahmslos und ausschließlich, z. B. c 1 D (oder Dist.) XXII. Der zweite Teil dagegen, ent-
haltend 36 Rechtsfälle, Causae, die zu einzelnen Rechtsfragen, quaestiones, und Antworten
darauf, canones, Anlaß geben, folgt der Regel nur für den als 3. quaestio der 33. Causa ein-
geschobenen tractatus de paenitentis, also eine Abhandlung über das Bußwesen, und zwar
mit dem Zusatz de paen. z. B. c 2D lde paen., während er im übrigen nach dem einzelnen
in causa und quaestio enthallenen canon aufgeführt wird, z. B. c 1 C XII 1. Dafür gilt
die Regel wieder ausnahmslos für Teil 111 über Kultus und Sakramentec, aber hier mit dem
Zusatz de conslecratione), z. B. c 1D Lde cons. Warum die Teile, partes, dabei nicht besonders
genannt zu werden brauchen, ergibt sich aus dem Mitgeteilten von selbst.
2. Dekretalensammlungen. Gratian hatte päpstliche Delretalen bis zu Inno-
zenz II. (1139) ausgenommen. Die zahlreichen nachher ergangenen und immer wichtiger
werdenden päpstlichen Erlasse wurden, nachdem sie eine Zeit lang einzeln umgeloufen waren
(daher extravagantes scil. decretales) bald in verschiedenen Sammlungen vereinigt, von denen,
weil von der Schule rezipiert und für die großen offiziellen Sammlungen grundlegend, die
wichtigsten die quinque compilationes antiquae waren und unter ihnen besonders bedeutsam
die prima, das Breviarum extravagantium, eine zwischen 1187 und 1191 verfaßte Privat-
arbeit des Propstes Bernhard von Pavia.
Friedberg, Cuinque compilationes antiquae, 1882, Die Kanonessammlungen zwischen
Gratian und Bernhard von Pavia, 1897; Singer, Neue Heiträge über die Dekretalensamm-
lungen vor und nach Bernhard von Pavia, Wiener Ak. S. B., phil.-hist. Kl., CLXXI, 1, 1913
(Heft 2 wird die Compilatio Romana des Bernhard von Compostella enthalten und ist für 1914
zu erwarten); Schönsteiner, Die Collectio Claustroneoburgensis, Ib. des Stiftes Kloster-
neuburg II, 1909; Seckel, Kanonistische Quellenstudien I, D. Z. f. Kr. IX, 1900, Über drei
Kanonessammlungen des ausgehenden 12. Jahrhunderts, N. A. XXV, 1900.
a) Decretales Gregorii IK. (Liber Exua, abgekürzt X). Gregor IX. be-
auftragte, um eine übersichtliche und umfsassende Quelle des päpstlichen Rechtes zu schaffen und
es dem lokalkirchlichen wie dem weltlichen gegenüber wirksam in den Vordergrund zu rücken,
den Dominikaner Raimund von Peßaforte, seinen Kaplan und Pönitentiar, mit der Herstellung
einer neuen Sammlung. Ihr Verfasser legte die quinque compilationes zugrunde, insbesondere
deren Fünfteilung (Versschema: iudex — lirchliche Regierung, iudicium = bürgerliches und
Verwaltungsstreitversahren, clerus — Geistlichkeits- und Vermögensrecht, sponsalia = Eherecht,
crimen = Strafrecht mit Straf= und Disziplinarstrafverfahren), fügte die Dekretalen Gregors IX.
hinzu, zerteilte die einzelnen Stücke zum Zweck der Einreihung in Bücher und Titel, ent-
fernte durch Interpolation Widersprüche und kürzte manche Erlasse, besonders durch Weglassung
des Tatbestandes (daher partes decisae, auf die jeweilen ein et intra hinweist). Die Publikation
(Bulle Rex pacificus) erfolgte 1234 durch Ubersendung an die Universitäten Bologna und
Paris. Alle nicht in die Sammlung (oder das Dekret) ausgenommenen, das gemeine Recht
betreffenden Dekretalen, also auch die quinque compilationes antiquse, wurden außer Kraft
gesetzt. Neben dem Dekret (daher Liber extra) und anders als es bilden die Dekre-
talen Gregors IX. ein einheitliches Gesetzduch. Man zitiert: c/aput) # 1 X de electione 16.
1 Richtiger wäre capitulum. Denn so bezeichnete Gratian selbst und nach ihm die Schule
die einzelne Stelle. Diese Benennung erscheint auch deshalb passender, weil das Dekret außer
canones auch leges und Vöäterstellen enthält und ein c. zuweilen mehr als einen Quellenbeleg
umfaßt. Heyer 3Z.f. RG. II, 1912 S. 341 Anm. 3. # Z
Die compilatio tertia von Petrus Collivacinus war bis 1210 (Innozenz III.), die quinta
bis gegen 1226 (Honorius III.) gegangen.
* Auch hier wäre die Auflösung mit capitulum richtiger.