Kirchenrecht. 333
1809; Hauck, Die Entstehung der geistl. Territorien, Abh. d. Leipziger Ges. d. Wiss. phil.hist.
Kl. 1909 u. Kg. Deutschlands V S. 66 f.; Rieder, Römische Quellen zur Konstanzer Bistums-
geschichte, 1908; Schmaltz, Die Begründung und Entwicklung der kirchlichen Organisation
ecclenburg im Mittelalter, Ibb. d. Ver. f. Mecklenburg. Gesch. LXXII, 1908; Holder, Zur
Geschichte der Basler Synodal= und Diözesanstatuten, Kath. Schweizerbl., 1904; Hauck, Die
angeblichen Mainzer Statuten von 1261 und die Mainzer Synoden des 12. und 13. Jahrhunberts,
Theol. Studien f. Zahn, 1908; Hübner, Die Passauer Dibözesansynoden, 1911; Seppelt
Die Breslauer Dibözesansynode von 1446, 1912; vgl. die Lit. zu s§ 19, 3 und 21, 2, 3.
4. Die Domklapitel, gleich den Kollegiatstiftern nach Auflösung der vita communis
und allgemeiner Verweltlichung seit dem Ende des 11. Jahrhunderts wenigstens zum Teil
mönchisch 1 und nunmehr unter Verzicht auf weltlichen Einzelbesitz organisiert (canonici regulares
neben den saeculares), erhalten dem Bischof gegenüber eine ähnliche, nur machtvollere Stellung
wie das Kardinalskollegium gegenüber dem Papst. Sie wählen ihn, wobei für alle Kapitels=
beschlüsse das Erfordernis der pars maior (absolutes Mehr) et sanior (größere kirchliche Zwecl-
bewußtheit) gilt. Sie setzen ihm bei Geisteskrankheit einen coadiutor (seit Innozenz 1II.), oder
werden von ihm befragt, falls er sich alters- oder krankheitshalber selbst einen Gehilsen nimmt;
doch ist ein coadiutor cum iure succedendi stets vom Papst zu erbitten. Sie stehen ihm bei der
Regierung des Bistums zur Seite, und zwar unterscheidet die Schule seit dem 13. Jahrhundert
zwischen den Fällen des bloßen consilium (wichtige Verwaltungsakte, Erlaß von Diözesan-
statuten u. a. m.) und denen des consensus (z. B. bei alienatio bonorum, innovatio beneli-
ciorum, d. h. Veränderung der Kirchenämter), in welchen beiden Nichteinholung und in welch
letzterem Nichterteilung Nichtigkeit nach sich zieht. Sede vacante verwalten sie, in corpore oder
im Turnus, die Dibzese und die bischöfliche mensa; seit Bonifaz VIII. geht eben die bischöfliche
Jurisdiktion alsbald nach der Erledigung auf das Kapitel über. Für die Besetzung der Kapitels-
pfründen gilt, eventuell nach vorangegangener, dem Anciennitätsprinzip folgender Option der
vorhandenen canonici für das vakante Kanonilat, gemeinrechtlich das ius simultaneae colla-
tionis, also gemeinschaftlicher Bestellung durch Bischof und Kapitel; die Kapitelsstatuten gehen
aber vor, und regelmäßig haben (wie bei manchen Klöstern) nur Angehörige des Herrenstandes
Zutritt. Neben Vollkanonikern mit votum in capitulo, stallum in choro (Chorstuhl) und prae-
benda (daher c. in fructibus et floribus) stehen minderberechtigte (c. in herbis, eventuell in
pulvere), besonders Anwärter, domicellares. Denn da seit dem 13. Jahrhundert die Kapitel
geschlossen (clausa), d. h. auf eine bestimmte Pfründenzahl sestgelegt waren, wurde die Erteilung
von Anwartschaften, exspectantiae, üblich. Unter den Vollkanonikern wiederum unterschied
man die Inhaber der Dignitäten (z. B. Propstei, Dechantei, Kustodie & 19, 2) mit Jurisdiktion
und Ehrenvorrang, denen freilich in Deutschland oft auch der choriepiscopus u. A. ohne
Jurisdiktion zugezählt wurden, und die der Personate 3, d. h. wohl der Kanonikate, mit denen
ursprünglich Pfarrstellen an stiftischen Kirchen verbunden waren, später einfach derjenigen, die
auf den Ehrenvorrang beschränkt waren, sowie die bloßen officia, welch letztere aber nicht mit
den seit dem 13. Jahrhundert zahlreichen ständigen vicariae (zunächst für Bischof und Dignitäten)
verwechselt werden dürfen, deren Inhaber gleich den chori socür (zur Vertretung beim Chor-
dienst) als Präsenz oder sonstwie organisiert, dem Kapitel zur Seite standen wie etwa die Ge-
ellen der Meisterschaft in den Zünften, nur ohne die Aussicht auf Aufrücken.
Mayer, Thesaurus novus inuris ecclesiastici, 4 Bde. 1791—95; Hinschius, Kr. II
## s 80 III, 81 1, 82 I, 88 1, 89 IA, 114, 126; Luchaire, Manuel s# 56, 571: Werminghoff,
VG. §. 27, 32, 34, 35, wo auch reiche Literaturangaben; Schulte, Der Adel und die deutsche
Kirche (s 22) mit der von ihm und von Werminghoff, 3Z. f. R. I, 1912 angeführten Lit.;
Schäfer, Pfarrkirche und Stift (§ 19, 2); Morin, Reglements inédits du pape S. Grégoire Vii
pour les chanoines röguliers, R. ben. XVIII, 1901; Winter, Die Prämonstratenser des 12. Jahr-
hunderts, 1865; Sägmüller, Die Bischofswahl bei Gratian, Görres-Ges. Sekt. f. Rechts= u. Sozialw.
I. H., 1908; Roland, Les chanoines et les élections du 116% au 14 siscle, 19090; Brunner,
1 Nach cluniacensischem Muster, so die Kongregation von St. Viktor bei Paris, oder nach
cisterciensischem, so die Prämonstratenser (1120 Prémontré von Norbert gegründet).
ch : Die Regel war aus den Schriften Augustins zusammengestellt; daher der Name Augustiner-
orherren.
: Beide werden in Deutschland zu den praelati gerechnet, während nach Dekretalenrecht
dazu neben Abten nur Bischöfe und höhere Jurisdiktionsinhaber gehören.