Kirchenrecht. 339
land haben der Fanatismus und das blutige Ende des ersten Ketzerrichters, Konrad von Marburg
(1231—33), wenigstens die heilsame Wirkung gehabt, daß man noch ein Jahrhundert lang von
päpstlichen Ketzerrichterm verschont blieb.
Hinschius, Kr. V K 286, 289—97; Hansen, Zauberwahn, Inquisition und Hexen-
prozeß im Mittelalter, 1900, Quellen und Untersuchungen ur Geschichte des Hexenwahns, 1901;
Lea, Alhistory of the Inquisition of the Middle Ages I—III, 1888 (französisch von Reinach,,
3 vol., 1900/02, deutsch von Hansen, 3 Bde., 1905—13, und dazu Baumgarten, Die Werke
von Henri Charles Lea, 1908); Frédéricq, Corpus documentorum inquisitionis haereticae
ravitatis Neerlandicae I—V, 1889—1906; Ficker, Die gesetzliche Einführung der Todesstrafe
ür Ketzerei, M. d. J. f. ö. G. I, 1880; Henner, Beiträge zur Organisation und Kompetenz
der päpstlichen HKrzerichte, 1890; Theloe, Die Ketzerverfolgungen im 11. und 12. Jahrhundert,
Abh. z. Mittl. und Neueren Gesch. von v. Below, Finke, Neineci, 48. H., 1913; Havet:
L'’hérésie et le bras séculier au moyen 6ge jusqu'au 13e siecle, 1881; Molinier, L’yinquisition.
dans le midi de la France, 1880, L'Eglise et la société cathare, R. h. XCIV, 1907; Tanon,
Histoire des tribunaux de H’inquisition en France, 1893; Douais, La formule: communicato
virorum bonorum consilio des sentences inquisitoriales, M. a. XI, 1898, S.-Raymond de Peifafort
et les hérétiques, ebenda XII, 1899, Documents pour servir à I’histoire de P’inquisition dans le
midi de France, 2 vol., 1901, La procédure inquisitoriale en Languedoc au 14e siecle, 1900, L’inquisi-
tion, ses origines. sa procédure. 1909; Vacandard, L’inquisition, 1909, La qduestion albigeoise, 1910
(auch in seinen Etudes de critique et d’hist. rel.); Maillet, L'’Eglise et la repression sanglante
de T’hérésie, Bibl. de la fac. de phil. de Lisge X VI, 1909; de Cauzons, Histoire de D’inquisition
en France I, 1909, II, 1912; Braun, Die Bekämpfung der Ketzerei in Deutschland, A. f. Kulturgeschichte
IX, 1912; Brunner, Ketzerei und Ingquisition in der Mark Brandenburg, 1904; Flade,
Römische Inquisition in Mitteldeutschland, Beitr. z. sächs. Kg., 11. H., 1896, Das römische In-
quisitionsverfahren in Deutschland bis zu den Hexenprozessen, 1903; vgl. auch die Lit. zu § 29, 2
und 3d, 5 30, J 40; Krauß, Im Kerker vor und nach Christus, 1895.
8 34. Das Vermögensrecht.
Die Beseitigung der germanischen Eigenherrschaft über höhere und niedere Kirchen be-
wirkt, daß die Kirchen samt dem mit ihnen verbundenen, in Benefizial- und Fabrikgut (§ 20, 1)
geschiedenen Sondewermögen regelmäßig aus unselbständigen Stiftungen zum Eigentum ent-
sprechender kirchlicher Rechtssubiekte werden. Nicht aus der Stiftung des altrömischen Rechtes,
mit der seit Jahrhunderten der Zusammenhang unterbrochen war, sondern aus germanischer
Wurzek ist somit die kirchliche und mittelbar die bürgerliche Anstalts- und Stiftungspersönlichkeit
heworgegangen, wenn auch natürlich mitgefördert durch die wiedererwachte Rechtswissenschaft.
Doch auch das kanonische Abgabenwesen knüpft in mehrfacher Beziehung an germanische
Einrichtungen an. Der Zusammenhang der bischöflichen bzw. archidiakonalen (§ 20, 3) und
der gräflichen Prokurationen und sonstigen Hebungen springt in die Augen. Das Spolien=
und Regalienrecht wird von den Bischöfen und schließlich auch von den Päpsten übernommen
als us deportus (in Avignon annalia genannt) auf den Nachlaß oder einen Teil davon (kerto,
d. h. ein Viertel) und auf die ganzen oder halben fructus medü temporis. Eine Leihabgabe
lebt fort in der aus der Provinz übernommenen und bei der Kurie als annatae Bonifacianae
ausgebauten Abgabe des halben (taxierten) Ertrags des ersten Jahres (primi fructus) von den
durch den Papst nicht im Kardinalskonsistorium verliehenen Pfründen, während die vom Bischof
verliehenen die primi fructus an diesen schuldeten. Die sogenannten servitia wurden von jedem
erhoben, dem der Papst ein Bistum oder sonst eine Prälatur in consistorio verlieh, und zwar
als servitia communia in Gestalt einer an die Kurie zu zahlenden, ein für allemal festgesetzten.
Summe, die zur Hälfte dem Papst und zur Hälfte den Kardinälen zugute kam (5 30, 1; daher
auch der Name), und als daneben dem Dienst= und Kanzleipersonal verfallende Nebengebühren,
servitia minuta. Außerdem hat die Kurie, die, einer hinreichend fundierten und organisierten
Finanzverwaltung entbehrend und große Mittel auch für nichtkirchliche Zwecke verwendend,
einen gewaltigen und zum Teil begehrlichen Beamtenapparat bestreiten mußte, durch Pallien-
taxen, Kreuzzugssteuern und auf andere Weise die Mittel der Kirchen und Gläubigen schließlich
so in Anspruch genommen, daß es kaum ein Gebiet kirchlichen Lebens gab, an das nicht Geld-
fragen geknüpft waren, die sich immer rücksichtsloser vordrängten. Die Temporalisierung des
kirchlichen Instituts gipfelte im kirchlichen Fiskalismus.
Werminghoff, BG. l 34, 42; Samarian, La jurisprudence pontificale en
matieère de droit de dépouille (1350—1400), M. d’a. d’h. XXII, 1902; Baril!, Le droit de
T’éevsque aux meubles des intestats Studié en Normandie, These, 1911; Samarian et
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