Strafrecht. 33
Nach den Strafrechten einzelner ausländischer Staaten ist sie zum Teil noch mehr be-
schränkt, so z. B. nach dem russischen, das sie selbst nicht für Mord, sondern nur für schwerste
Staatsverbrechen kennt. Gänzlich beseitigt ist sie in Rumänien, Portugal, Holland, S. Marino,
Italien, einer Reihe amerikanischer Staaten und Schweizer Kantone.
Man hat nicht aufgehört, für und wider die Todesstrafe zu streiten. Nach einer kurzen
Pause ist der Streit in jüngster Zeit wieder heftiger geworden. Selbst die alten und zur Genüge
beantworteten Fragen, ob die Todesstrafe den Strafzwecken der Abschreckung und Besserung
entspreche, beginnt man wieder zu ventilieren. Dabei vergißt man zu leicht, daß sie jedenfalls
den einen Strafzweck, den der Unschädlichmachung, sehr gründlich erfüllt. Darum wird man,
auch wenn sie in Deutschland einmal abgeschafft werden sollte, in manchen Zeitläufen immer
wieder auf sie zurückgreifen. Sowohl der Vorentwurf von 1909 als auch die Kommission zur
Ausarbeitung des Entwurfs (1911 f.) haben sich für ihre Beibehaltung entschieden.
Soweit man sie beibehält, muß man zwei Dinge fordern: vor allem eine scharfe Scheidung
der todeswürdigen von den nicht todeswürdigen Handlungen. Ob man dies durch ein einzelnes
Tatbestandsmerkmal vermag, erscheint mindestens zweifelhaft. Denn der menschliche Scharf-
sinn vermag kein Kriterium herauszuklügeln, dessen Vorhandensein eine nicht todeswürdige
Tat zu einer todeswürdigen stempelt. Am allerwenigsten vermag dies dasjenige Kriterium,
von dem die Todesstrafe bei uns heute tatsächlich abhängt, das ist die Uberlegung. Denn diese
stellt durchaus nicht den Gipfel aller Verschuldung dar und ist ein Internum, auf das man nur
indirekt aus äußeren Vorgängen schließen kann, ohne auch nur irgendwie die Sicherheit des
Beweises verbürgen zu können.
Als Zweites muß man einen jeder Grausamkeit entkleideten Vollzug der Strafe ver-
langen. Dieses Erfordermis erfüllt selbst nicht ganz die in unserem Strafgesetzbuch vorgeschriebene
Enthauptung (§ 13 St GB.), welche je nach dem Recht des einzelnen Bundesstaates durch Beil,
Schwert oder Fallbeil vollzogen wird. Das noch nicht erfüllte Streben nach einem humaneren
Vollzuge hat Neuyork (Gesetz vom 4. Juni 1888) veranlaßt, zur Hinrichtung die Elektrizität zu
gerwenden. Aber in den Erwartungen, die man hieran anknüpfte, ist man sehr enttäuscht worden.
Die Tötung durch Elektrizität ist oft eine langwierigere als die durch Enthauptung vollzogene.
Einer, namentlich früher besonders betonten, Voraussetzung für einen zweckentsprechenden
Vollzug ist das heutige Recht durch den Ausschluß der Offentlichkeit gerecht geworden. Um
der Hinrichtung das Anstößige und den Charakter eines Schauspiels zu nehmen, läßt man sie
heute hinter den Mauern eines Gefängnisses, aber unter Zuziehung von Solennitätszeugen,
stattfinden (vgl. § 486 St PO.).
b) Freiheitsstrafen.
Entsprechend der Dreiteilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen i. e. S., Vergehen
und Ubertretungen gibt es drei Hauptfreiheitsstrafen: Zuchthaus, Gefängnis und Haft. Dazu
kommt für die beiden schwereren Deliktsarten die Festungshaft als eine Strafe bei nicht ehren-
rührigem Verhalten.
Zuchthausstrafe. Die Zuchthausstrafe ist die Einsperrung in eine Gefangen-
anstalt mit der Bezeichnung, welche der Strafe den Namen gegeben hat. Ihre Dauer ist in den
ausdrücklich im Gesetz bezeichneten Fällen eine lebenslängliche, außerdem eine zeitige von
1—15 Jahren (§ 14 St GBB.). Sie wird erkannt in vollen Monaten und muß mindestens ein
Jahr betragen (§ 14 Abs. 2, § 19 Abs. 2 St GB.). Ihr Wesen besteht in dem intensiven Zwang
zu den in der Anstalt gerade eingeführten Arbeiten (§ 15 StGB.). Auf die Fähigkeiten und Ver-
hältnisse des Zuchthäuslers wird keine Rücksicht genommen. Dieser sinkt zur bloßen Arbeits-
maschine herab. Darum steht auch seiner Verwendung außerhalb der Anstalt kein Hindernis
entgegen.
Gefängnisstrafe. Anders bei der Gefängnisstrafe, deren geringere Schwere
sich schon in der geringeren Dauer — 1 Tag bis 5 Jahre — zeigt (§ 16 StGB.). Die Gefängnis-
sträflinge dürfen verlangen, daß die Arbeiten, zu denen sie angehalten. werden, ihrer Individualität
angepaßt sind. Aber so schön dieser Grundsatz theoretisch ist, er läßt sich in der Praxis nicht kon-
sequent durchführen. Denn es ist schlechterdings unmöglich, so viele verschiedenartige Arbeiten
Enzyklopädie der Rechtswissenschast. 7. der Neubearb. 2. Aufl. Band V.