Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

34 F. Wachenfeld. 
in der Gefangenschaft einzuführen, als nötig wären, um jedem Gefangenen gerecht zu werden. 
Damit aber verwischt sich der Gegensatz zwischen Zuchthaus und Gefängnis. Er tritt höchstens 
darin noch hervor, daß der Gefängnissträfling nicht wider seinen Willen zur Außenarbeit 
herangezogen werden kann. Auch dies wird bisweilen illusorisch, da im Jentresse der kleinen 
Amtzgerichtsgefängnisse, denen es häufig an Arbeitsgelegenheit fehlt, der Gefängnisverwaltung 
die jedem Strafzweck zuwiderlaufende Befugnis gegeben ist, den Gefangenen beschäftigungslos 
zu lassen. Die Beschäftigungslosigkeit kann aber als besonders drückend und als eine Art Zusatz- 
strafe empfunden werden. Darum muß dem Sträfling auf sein Verlangen Arbeit gegeben 
werden. Hat nun die kleine Gefangenenanstalt keine genügende Arbeitsgelegenheit in ihren 
Räumen, dann muß sich der Sträfling, der Arbeit wünscht, zur Außenarbeit bequemen. 
Haftstrafe. Die Haftstrafe besteht in einfacher Freiheitsentziehung. Sie ist als 
Strafe für die geringfügigsten Delikte von geringster Dauer, nämlich 1 Tag bis 6 Wochen (5 18 
StG# B.). Liederlichen Personen gegenüber würde die einfache Freiheitsentziehung kaum eine 
Strafe bedeuten. Darum gestattet man bei solchen, mit der Haft Arbeitszwang und Außen- 
arbeit zu verbinden (s 362 Abs. 1 StGB.). 
Festungshaft. Die Festungshaft ist zwar als custodia honesta eine durch die Art 
des Vollzuges milde Strafe — sie besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Be- 
schäftigung und Lebensweise des Gefangenen —, kann aber durch die Länge der Dauer sehr 
ernst werden. Von einem Tag kann sie bis zum Maximum der zeitigen Freiheitsstrafe, d. h. 
15 Jahren, steigen und sogar in den im Gesetz besonders hervorgehobenen Fällen zu einer lebens- 
länglichen werden (5 17 StGB.). Man nennt die Strafe Festungshaft. Doch nicht alle Bundes- 
staaten besitzen Festungen. Darum ist ihr Vollzug auch in anderen Räumen als Festungen 
gestattet. 
UÜber die Durchführung des Vollzugs der Freiheitsstrafen wird in diesem Werke an anderer 
Stelle gehandelt. 
e) Geldstrafe. 
Die Novelle vom 19. Juni 1912, welche in einer ganzen Reihe von Fällen neben Gefängnis- 
strafe wahlweise Geldstrafe zuläßt, ist ein deutliches Zeichen dafür, daß die Geldstrafe in neuerer 
Zeit immer mehr Boden gewinnt. Soll sie aber die Freiheitsstrafe in umfangreicherem Maße 
zu ersetzen imstande sein, dann muß sie eine Umgestaltung erfahren, um sie besser als heute den 
Vermögensverhälmissen des Täters anpassen und auch dem Reichen gegenüber fühlbar gestalten 
zu können. 
Heute besteht sie — abgesehen von Zoll- und Steuerdelikten, bei denen das Vielfache des 
defraudierten Betrags erkannt werden kann — in einer im allgemeinen mäßigen Geldsumme. 
Sie beträgt bei Ubertretungen 1—150 Mark, bei Vergehen und Verbrechen i. e. S. im 
Mininum 3 Mark (527 St G.). Der Höchstbetrag bei den einzelnen Verbrechen und Vergehen 
ist verschieden festgesetzt und erreicht bei gewohnheitsmäßigem Wucher 15 000 Mark. Einige 
Nebengesetze gehen darüber hinaus, wie das Sklavenraubgesetz, das Strafe bis zu 100 000 Mark 
kennt. Aber hohe Geldstrafen werden selten erkannt. Die meisten bleiben unter 50 Mark. 
Die Geldstrafe fließt dem Fiskus desjenigen Staates zu, in dessen Bezirk das erkennende 
Gericht erster Instanz liegt. Die Beitreibung erfolgt nach den Vorschriften der Zivilprozeß- 
ordnung über Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen (vgl. § 495 St PO.). Ist sie nicht 
beizutreiben, so muß sie, damit der Verurteilte nicht straflos ausgeht, in Freiheitsstrafe ver- 
wandelt werden (§ 28 St GB.). 
Außer der Geldstrafe kennt das heutige Reichsrecht keine weitere Hauptstrafe am Ver- 
mögen, also z. B. keine Vermögenskonfiskation. 
4) EShrenstrafe. 
Die einzige Hauptstrafe an der Ehre ist der Verweis (5§.57 Nr. 4 StGB.), der in besonders 
leichten Fällen Jugendlichen gegenüber ausgesprochen wird und teilweise das ersetzt, was 
man mit der bedingten Verurteilung bezweckt. Denn er soll, sofern er an Stelle einer Freiheits- 
strafe tritt, den Jugendlichen die Nachteile ersparen, welche der Aufenthalt in einem Gefängnis 
durch die Gesellschaft mit vorgeschritteneren Verbrechern mit sich bringt.
	        
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