Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

376 Ulrich Stutz. 
Erfahrungen, Luther von seiner noch 1526 in der Vorrede zur deutschen Messe wiederholten 
ursprünglichen Absicht ab, jeder Gemeinde ihre Einrichtung zu überlassen und auf alle äußere 
Einförmigkeit zu verzichten, und machte ihn empfänglich für organisatorische Anregungen. 
Goetze, Zur Uberlieferung der zwölf Artikel, H. V. 1904, Die Entstehung der zwölf 
Artikel, Neue Ibb. f. d. klass. Altert. XIII, 1904; Stolze, Der deutsche Bauernkrieg 1908, 
Zur Geschichte der zwölf Artikel, H. Z. CVIII, 1912; Boehmer, Urkunden z. Gesch. d. Bauern- 
krieges, Kl. Texte von Lietzmann L, LI, 1910; D te ws, Der Einfluß der gesellschaftlichen Zu- 
stände auf das kirchliche Leben, geitschr. f. Theol. u. Kirche XVI, 1906, Entsprach das Staats- 
kirchentum dem Ideale Luthers? Z. Th. K. XVIII, Erg.-H., 1908; H ermelink, Zu Luthers 
Gedanken über Idealgemeinden und von — Obrigkeit, -. f. Kg. XXIX, 1908; Barge,, 
Frühprotestantisches Gemeindechristentum in Wittenberg und Orlamünde, 1909; K. Müller, 
Kirche, Gemeinde und Obrigkeit nach Luther, 1910; Richter, Geschichte der evangelischen 
Kirchenverfassung in Deutschland, 1851; Wass erschleben, Die Entwicklungsgeschichte der 
evangelischen Kirchenverfassung in Deutschland, Gießener Festrede, 1861; Mejer,. arhum Kirchen- 
recht des Reformationsjahrhunderts, 1891; Buch wald, Die evangelische Kirche im Jahr- 
hundert der Reformation, 1901. 
1. Pfarrei. Ganz von selbst vollzog sich die Ubemahme des Pfarramts (samt dem 
Patronat daran) und der Pfarrei als des Objekts der pfarrlichen Tätigkeit. Nur verschwanden 
jetzt die durch die Inkorporation, die Kommenden und ähnliche Mißbräuche so zahlreich ge- 
wordenen Vikare samt den bloßen Altarbenefiziaten, um wirklichen Pfarramtsinhabern Platz 
zu machen. Soweit die Pfarrstellen für die Pastoration nicht ausreichten, gab man den Pfarrern 
Diakonen oder Helfer zur Seite, die zwar der Aufssicht und Leitung jener untergeordnet, aber 
der geistlichen Befähigung nach ihnen gleichgestellt waren. 
Stutz, Luthers Stellung zur Inkorporation und zum Patronat, 3./ f. R. I, 1911. 
2. Landesherrliches Kirchenregiment; Kirchenvisitationen. 
Für die höhere Organisation wiesen Luthers Anschauung, der Geistliche dürfe nur verbo, nicht 
Vi humana regieren, und der Speierer Reichsabschied in gleicher Weise auf die weltlichen Obrig- 
keiten, die Landesherren und Stadtmagistrate, hin. Sie sollten für die äußere Ordnung auch 
der kirchlichen Angelegenheiten sorgen; ihnen wollte — um es kanonistisch auszudrücken — 
Luther das geistliche Schwert wenigstens in dominium utile oder ad ministerium, zur Aus- 
übung im Dienst der Kirche, übertragen wissen. Aber sie sollten hierfür stets den Rat der Theo- 
logen, wenn auch nicht mit rechtlicher Verbindlichkeit, anhören und möglichst befolgen (domi- 
nierender Einfluß der Wittenberger Theologen, maiores Wittenbergenses genannt). Und vor 
allem in Sachen der Lehre und der Sakramentsverwaltung sollten nur die geistlichen Organe 
zuständig sein, ein Vorbehalt, der allerdings von den Regierungen oft genug nicht beachtet 
worden ist. Mit alledem arbeitete Luther mit auf das landesherrliche Kirchenregiment hin, 
das ohnedies der Zeitrichtung entsprach und immer mehr als notwendig sich erwies mitsamt 
seinen Luther sonst wenig sympathischen Juristen. Im weiteren Verfolg einer schon in der 
Schrift „An den christlichen Adel“ ausgesprochenen Aufforderung ersuchte er Ende 1526 den 
Kurfürsten Johann von Sachsen, „da päpstlicher und geistlicher Zwang und Ordnung aus sei“, 
und alle Klöster und Stifter dem Kurfürsten als dem „obersten Haupt“ in die Hände gefallen, 
in aller Form um Vornahme einer Kirchen- und Schulvisitation. Damit begannen die sächsischen 
Kirchenvisitationen, für deren erste schon 1527 eine kurfürstliche Instruktion ausgegeben wurde, 
die namentlich die Reform von Pfarr= und Schuldienst, das kirchliche Vermögen und die Aussicht 
zum Gegenstand hatte. 
Kleinert, Grundsätze ev. Kirchenverfassung, in Zur christl. Kultus= u. Kulturgeschichte ?, 
1908; v. Scheurl, Luthers Lehre von der kirchlichen Gewalt, in seiner S. kr. A.; Dieckhoff, 
Luthers Lehre von der kirchlichen Gewalt, 1865; Sohm, Kr. 1I #§ 34—36; Lorenz, Luthers 
Einfluß auf die Entwicklung des evangelischen Kirchenregiments, 1891; Brieger, Die kirch- 
liche Gewalt der Obrigkeit nach der Anschauung Luthers, Z. Th. K. II, 1892; Beß, Luther 
und das landesherrliche Kirchenregiment, 1894; Brandenburg, Zur Entstehung des landes- 
herrlichen Kirchenregiments im albertinishen Sachsen, H. V. 1 is0i; Holl, Luther und 
das landesherrliche Kirchenregiment, Z. Th. K. XXI, 1911, 1. Erg. .H.:; Katzer, Die Kirchen- 
inspektionen der sächsischen evangelisch lutherischen Landeskirche, Z. f. Kg. XXIII, 1902; 
Burkhardt, Geschichte der sächsischen Kirchen- und Schulvisitationen, 1879; Kayser, Die 
Reformationsvisitationen in den Welfischen Landen (1542—1544), 1897; N. Müller, Die 
Kirchen= und Schulvisitationen im Kreise Belzig 1530 und 1534, Ib. f. brandenb. KG. I, 1904;
	        
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