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So in Hessen. Dessen Gebiet wurde nach der Reformation in sechs Diözesen eingeteilt,
an deren Spitze sechs, erstmalig vom Landesherrn ernannte, in der Folgezeit von ihren Pfarrern
gewählte und landesherrlich nur bestätigte Superintendenten standen. Sie hatten eine sehr
selbständige regimentliche Stellung, versammelten die Pfarrer ihrer Diözesen vollzählig zu
Partikularsynoden und traten, jeder mit einigen von ihnen, unter dem Vorsitz des landesherr-
lichen Statthalters und dem Beisitz etlicher Räte sowie eines Professors der Theologie alljährlich
zur Generalsynode zusammen, der höchsten Kirchenregiments behörde, der auch das Recht,
die Pfarrer zu ernennen, zustand. Doch wurde diese Generalsynode seit 1582 wegen der Lehr-
streitigkeiten zwischen Lutheranern und Calvinisten nicht mehr zusammenberufen. 1599 errichtete
Landgraf Moritz zu Kassel ein Konsistorium, das sie überflüssig machte, und 1610 wurde unter
Aufhebung desselben zu Marburg ein Landeskonsistorium errichtet.
Credner, Philipps des Großmütigen hessische Kirchenreformationsordnung, 1852; Hoch-
huth, Geschichte der hessischen Diözesansynoden (1569—1634), 1893; W. Köhler, Hessische
Kirchenverfassung im Zeitalter der Reformation, Gießener jur. Diss., 1894; Friedrich, Luther
und die Kirchenverfassung der Reformatio ecclesiarum Hassiae, Gießener jur. Diss., 1894, Die
Entstehung der Reformatio ecclesiarum Hassiae von 1526, 1905; Köhler, Die Entstehung
der Reformatio ecclesiarum Hassiae von 1526, D. Z. f. Kr. XVI, 1906; Drews, Curtius
und Friedrich, Grundfragen der evangelischen Kirchenverfassung, isĩi; Beß, Die Ent-
wicklung der hessischen Kirche unter Philipp dem Großmütigen, 3. f. Ka. XXXIiI, 1912; Diehl,
zů, Entwiclungsgeschichte der Konsistorien in Hessen-Darmstadt im 17. Jahrhundert, D. Z. f. Kr.
In Brandenburg und Preußen trat ein Teil der Bischöfe zum evangelischen Glauben
über, und es schien hier die bischöfliche Organisation — allerdings unter dem Landesherrn,
da die Bistümer landsässig waren oder wurden (§F 39, 1) — wenigstens für das geistliche
Amt als Pfarramt höherer Ordnung erhalten bleiben zu können. Da jedoch zwei von den
brandenburgischen Bischöfen beim katholischen Glauben verharrten und mit dem dritten
Schwierigkeiten sich ergaben, übemahm auch in Brandenburg 1543 ein Konsistorium (zu Kölln
an der Spree) das Kirchenregiment und ein Generalsuperintendent die bischöflichen Funktionen,
indes in Preußen 1587 das bischöfliche Amt erlosch, und zwei Konsistorien (zu Königsberg und
Saalfeld) die kirchliche Regierung besorgten (ein preußisches Oberkonsistorium erst 1750)) 1. Die
Konsistorialverfassung wurde zur lutherischen Kirchenverfassung schlechthin, in kleineren Landes-
kirchen freilich so, daß die Konsistorien nicht sormiert waren, d. h. aus Sparsamkeitsrücksichten
und wegen Mangels an Beschäftigung einfach aus einer Stcatsbehorde unter Zuzug geistlicher
Beisitzer für kirchliche Geschäfte gebildet wurden.
Schoen, Das evangelische Kirchenrecht in Preußen, I, 1903 é 3, 4, II, 1910; Haupt,
Der Episkopat der deutschen Reformation, 1863; Se hlin 6z. Einleitung zu einer Ausgabe von
evangelischen Kirchenordnungen des 16. Jahrhunderts im Herzogtum Preußen, Festschrift f. Fried-
berg, 1908 sowie in Bd. IV der in der Lit. zu Nr. 4 dieses Paragraphen aufgeführten Ausgabe;
Hintze, Die Epochen des evangelischen Kirchenregiments in Preußen, H. Z. XCVII, 1906.
In den Städten, mitunter auch in bloß landsässigen, übernahm der Rat das Kirchen-
regiment, vermöge der damals noch ungeschwächten städtischen Autonomie. Als Regiments-
bebörde fungierte ein bisweilen unter Mitwirkung von Geistlichkeit und Bürgerschaft bestellter
: Für die Armeeseelsorge, in betreff deren schon 1656 ein Articuls-Brieff des Großen Kur-
fürsten ergangen war, wurde von Friedrich I. 1692 ein besonderes Feldkonsistorium errichtet. Durch
das Militär-Consistorial--Reglement von 1711 machte Friedrich Wilhelm I. den Feldprobst neben
dem Konsistorium, dessen ständiger Beisitzer er wurde, zum obersten geistlichen Vorgesetzten aller
Militärgeistlichen in Kirchen= und Schulsachen und löste so das Militärkirchenwesen vom Verbande
der Landeskirche los. Vervollkommnet wurde dessen Organisation durch Friedrichs des Großen
Militär-Consistorial--Reglement von 1751. Langhaeuser, Das Militärkirchenwesen im kur-
brandenburgischen und Kgl. preußischen Heer, Straßburger jur. Diss., 1912; Freisen, Das
Militärkirchenrecht in Heer und Marine, 1913; v. Bonin, Zur Geschichte der Heeresseeisorge,
D. Z. f. Kr. XXI, 1912; Heinrichs, P. Raimundi 0. P. Alnales conventus Halberstadiensis,
eine Chronik der Militärseelsorge Q. u. F.z . Gesch. des Dominikanerordens, 8. H., 1913; Nae-
gele, Abt Benedikt Rauh von Wibüingen,) Feldpropst der bayerisch-kaiserlichen Armee im Dreißig-
fährigen Kriege, R. Q. Supplh. XVIII, 1911; Bielik, Geschichte der k. k. Militärseelsorge, 1901.