Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

400 Ulrich Stutz. 
freiwilligen Staatszuschüssen zu allgemeinkirchlichen Zwecken, zu Kirchenbauten, zur Aufbesserung 
des kirchlichen Diensteinkommens (Preußen, Bayern, Baden, Hessen, Elsaß-Lothringen), aber 
auch in der Gewährung der Staatshilfe zur Durchführung kirchlicher Ansprüche mit staatlichem 
Verwaltungszwang oder zur Zwangsvollstreckung kirchlicher Disziplinarerkenntnisse, endlich in 
der Berücksichtigung der kirchlichen Sonn= und Feiertagsordnung im RStGB. 5 366 Ziff. 1 
und in einer reichen, die äußere Feier an einer ganzen Anzahl kirchlicher Feiertage sichermden 
einzelstaatlichen Gesetzgebung 1. In all den Beziehungen aber, in denen der Staat nach Obigem 
mit den Kirchen sich zu beschäftigen hat, tritt er den Kirchen immer als Rechtsstaat gegenüber. 
Denn er behandelt die Religionsgemeinschaften und ihre Mitglieder nach bestimmten, in staat- 
lichen Gesetzen und Rechtsverordnungen niedergelegten Grundsätzen, so daß auch seine Ver- 
waltungsorgane nur nach deren Maßgabe tätig werden können, und je nach Lage des Falls 
der Rechtsweg, wenn nicht des Zivil- oder Straf-, so doch des Verwaltungsstreitverfahrens 
offen steht. 
Beling, Die Beschimpfung von Religionsgesellschaften, religiösen Einrichtungen und Ge- 
bräuchen und die Reformbedürftigkeit des § 166 St G., Festgabe für Dahn, III, 1905; Hamm, 
Deutsche Juristenzeitung X, 1905 Sp. 273 ff.; Rissom, Die Beschimpfung im Kampf der Kon- 
fessionen, D. Z. f. Kr. XV, 1905; Kahl, Religionsvergehen, Vergleichende Darstellung des 
deutschen und ausländischen Strafrechts III 11, 1906; Rösch, Die Religionsdelikte im „Vor- 
entwurf zu einem deutschen Strafgesetzbuch“, A. f. k. Kr. XCI, 1911; Ahrens, Der strafrecht- 
liche Schutz des religiösen Gefühls, v. Lilienthal, Strafr. A., 153. H., 1912; Wesenberg, 
Der strafrechtliche Schutz der geheiligten Gegenstände, Gött. jur. Diss. (auch v. Lilienthal, Strafr. A., 
158. H.), 1912; Eisen bacher, Staat, Recht und Gottesglaube, Görres-Ges. Sekt. f. Rechts- 
u. Sozialw., 16. H., 1913; Meurer, Die kirchliche Strafgerichtsbarkeit nach bayerischem Staats- 
kirchenrecht, Blätter für administr. Praxis, LVIII, 1908; Eichmann, Das Strafrecht der öffent- 
lichen Religionsgesellschaften in Bayern, A. f. k. Kr. LXXXVIII, 1908 (erweitert — Görres--Ges., 
Sekt. f. Rechts= u. Sozialw., 8. H., 1910); Fellmeth, Doas kirchliche Finanzwesen in Deutsch- 
land, 1910; Niedner, Die Ausgaben (552); Sägmüller, Der Rechtsanspruch der katho- 
lischen Kirche in Deutschland auf sananzielle Leistungen seitens des Staates, Th. Q. XCV (auch 
in erweitertem S. A.), 1913; Stölzel, Rechtsweg und Kompetenzkonflikt in Preußen, 1901; 
Sartorius, Die staatliche Verwaltungsgerichtsbarkeit auf dem Gebiete des Kirchenrechts, 1891. 
Den Inbegriff der staatlichen Gesetze und Verordnungen betreffend die Kirchen und 
übrigen Religionsgesellschaften bezeichnet man kurz als Staatskirchenrecht. Wie alles staat- 
liche Recht in Deutschland, ist es entweder Reichs- oder Landesrecht 2. Auch das Reichsstaats- 
kirchenrecht geht dem Einzelstaatskirchenrecht vor. Jedoch das Reich hat bisher nur ausnahms- 
weise und gelegentlich mit kirchlichen Materien sich befaßt, so in einigen vom Norddeutschen 
Bund übernommenen Gesetzen, z. B. über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 und über 
die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung vom 
3. Juli 1869, so im RSt G., im Personenstandsgesetz vom 6. Februar 1875 (vol. Art. 46 des 
EG. zum BG#.), im BGB. 88§ 1303 ff., ferner im GVG. F 15 über die Beseitigung der bürger- 
lichen Wirkung der geistlichen Gerichtsbarkeit und besonders durch das Jesuitengesetz vom 
4. Juli 1872 3 sowie im RG. vom 8. Februar 1890 betreffend die Wehrpflicht römisch-katho- 
lischer Geistlicher . Im übrigen ist, da die VlI. des Deutschen Reichs diesem die alleinige und 
unmittelbare Zuständigkeit in Kirchen= und Religionssachen nicht zuschreibt, den Einzelstaaten 
die Kirchenhoheit verblieben, so daß nur sie eine regelmäßige und organische staatskirchenrecht- 
1 Nur als Bestandteile noch beibehaltenen oder nicht völlig aufgegebenen Staatskirchen- 
tums erklären sich die grundsätzlich nicht mehr zu rechtfertigenden bayerischen und elsaß-lothrin- 
gischen Bestimmungen, wonach selbst zur kirchlichen Anordnung über bloß religiöse Festfeiern 
staatliche Genehmigung erfordert wird. 
: Eine sehr dankenswerte, mit Hilfe der Übersichten der D. Z. f. Kr. leicht auf den heutigen 
Stand zu ergänzende Zusammenstellung des Reichs= und Landesstaatskirchenrechts unter Berück- 
sichtigung des Entwicklungsganges des letzteren gibt das Lehrbuch von Kahl in den #.14 und 15. 
Das in seiner jetzigen Fassung lediglich in dieser rein sormellen Hinsicht wegen der ad hoc 
stlllschweigend vorgenommenen Zuständigkeitserweiterung als Ausnahmegesetz bezeichnet werden 
könnte. 
* Das französische Konkordat gilt (u. z. heute allein noch) in Elsaß-Lothringen nicht als ver- 
einbartes, sondern nur als Gesetzesrecht auf Grund der Publikation vom 18. Germinal des Jahres X 
und darum auch mit den Organischen Artikeln.
	        
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