Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

416 Ulrich Stutz. 
oberste Verwaltung der übrigen kirchlichen Angelegenheiten, z. B. die Errichtung, Veränderung 
und Aufhebung höherer Kirchenämter, die Besetzung grundsätzlich aller, effektiv, wenn auch 
oft nicht frei, wenigstens von den Bistümern an aufwärts, wie auch er allein Bischöfe absetzen 
und versetzen kann, und die Verwaltung des Kirchenvermögens samt dem obersten Besteuerungs- 
recht; 4. die Oberaufsicht über die ganze Weltkirche einschließlich der Ausbildung des Klerus 
und des Unterrichts und die Oberleitung des gesamten Ordens= und sonstigen kirchlichen 
Vereinswesens; 5. die höchste Gerichtsgewalt; 6. die Vertretung der Kirche nach außen 
mit aktivem und passivem Gesandtschaftsrecht #. Dazu kommt der primatus honoris, eine 
Reihe von höchsten Ehrenrechten, neben früher (oben S. 294, 325 ff.) erwähnten Titulaturen 
und äußeren Auszeichnungen die Anrede Sanctitas tua, Sanctissime pater, indes er einen 
Bischof frater, alle Anderen aber (auch Kardinäle ohne Bischofsweihe) fülü nennt, der gerade, 
in Kreuzesform auslaufende Hirtenstab (pedum rectum), das Vortragkreuz, der annulus Pisca- 
toris (S. 409 A. 2), ein besonderer Talar (gewöhnlich: weißseiden, mit roten Schuhen, Brust- 
kreuz, rotem Mantel und Hut; bei Feierlichkeiten: roter Schultermantel — Mozetta —, gold- 
gestickte Stola, weißes Käppchen, im Winter pelzverbrämt — Camauro; bei gottesdienstlichen 
Funktionen: das Pallium — S. 295 A. 2, S. 325 — bischöfliche Gewänder und die Mitra; bei 
bestimmten außergottesdienstlichen, feierlichen Anlässen: die Tiara — S. 325). 
Hinschius, Kr. I §F 23, 24, 64, 94, III 5 191, IV 5 199, Vl 1 350; Roskovény, 
Romanus pontifex (sé 43); Meurer, Die kirchliche Rechtslage bei konstatierter Geisteskrankheit 
des Papstes, Grünhuts Ztschr. XIV, 1887; v. Frisch, Der Thronverzicht, 1906; Geigel, 
Das italienische Staatskirchenrecht , 1886 (ohne Register auch im A. f. k. Kr. LIV, LV); Calisse, 
Diritto ecclesiastico I, 19002; Dupanloup, Sur la souveraineté du pape, 1849; Manning, 
Die Unabhängigkeit des H. Stuhles. Aus dem Engl. von Bender, 1878; F. H. Gefscken, 
Die völkerrechtliche Stellung des Papstes (auch in v. Holtzendorffs Handbuch des Bölkerrechts 
II, 1887), 1885; Imbart de la Tour, La papaufté en droit international, 1893; Linden, Ist 
der Papst Souverän? Erlanger jur. Diss., 1898; Nys, La papauté et le droit international, Revue 
de droit intern, et de législation comparée, 1905. Pdnc, lleet##e###to n##, 1898. 
8 68. Die Kardinäle und die Papstwahl. 
Die Gehilfen des Papstes in der Regierung der allgemeinen Kirche, die Kardinäle, zer- 
fallen in die drei Gmppen (ordines): a) der in Rom residierenden Kardinalbischöfe der sechs 
sogenannten suburbikarischen Bistümer: Ostia-Velletri, Porto-S. Rufina, Albano, Tuskulum 
(Frascati), Präneste (Palestrina), Sabina s; b) der Kardinalpriester, deren ordentliche Höchst- 
zahl 50 beträgt, und wozu neben Ordensleuten Geistliche, die meist schon bischöfliche oder erz- 
bischöfliche Würden, mindestens aber die Priesterweihe haben, ermannt werden, insbesondere 
auch Auswärtige; endlich c) der wiederum zur Residenz in Rom verpflichteten Kardinaldiakonen 
in der ordentlichen Höchstzahl von 14, bisweilen päpstliche Diplomaten, die mit päpstlicher Dispen- 
sation überhaupt keine Weihe haben (der Kardinalstaatssekretär Leos XII. und Gregors XVI. 
Bernetti war bloß brevetierter Subdiakon) und auf die Priesterweihe sowie auf ein weiteres 
1 Auch das italienische Garantiegesetz loben S. 395 mit A. 4) erkennt diese völkerrechtliche 
Stellung des Papstes an. Es erkennt ihm u. a. zu: die Ehren eines Souveräns, die Unverletz- 
lichkeit der Person, wogegen mit Taten oder Worten Handelnde sich des Majestätsverbrechens. 
schuldig machen, eine jährliche, steuerfreie Dotation von 3225000 Lire (bisher nicht bezogen), den 
Nießbrauch insbesondere des Vatikans, des Laterans und der Villa Castel Gandolfo am Albanersee 
mit den für unveräußerlich erklärten Sammlungen, Exterritorialität gegenüber der italienischen 
Exekutive, das Gesandtschaftsrecht, Freiheit des Verkehrs mit eigenem Post= und Telegraphen- 
bureau und Portofreiheit. 
* Zurzeit halten von den deutschen Einzelstaaten Preußen und Bayern Gesandte zweiter 
Klasse (a. o. Gesandte und bevollmächtigte Minister) beim Vatikan. 
* Nach der Konstitution Pius’' X. Apostolicae vom 15. April 1910 verwalten im Namen 
und an Stelle der Kardinalbischöfe vom Papst ernannte Hilfsbischöfe, deren Jurisdiktion mit dem- 
Tode der Vertretenen nicht erlischt, diese Bistümer, so zwar, daß den Kardinalbischöfen außer einer 
Reihe von Ehrenrechten (feierliche Weihe der hl. Ple, Zelebration der Pontifikalämter, Insignien 
u. aldie Aussicht und Visitationsbefugnis, gewisse Konsensrechte, die Erteilung der Weihen u. a. 
ver en.
	        
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