Kirchenrecht. 431*
den feierlichen Gelübden ab. Damit verbindet sich der Erwerb der geistlichen Standes-
rechte 1, die Tilgung des defectus natalium 2, diejenige jedes früheren, etwa entgegen-
stehenden votum simplex, der Erwerb eines lebenslänglichen Unterhaltsanspruchs gegen
den Orden, aber auch der Verlust des eigenen (Grund-) Vermögens an diesen, derjenige
eines bisher innegehabten Benefiziums samt der Unfähigkeit, ein neues, für einen Welt-
geistlichen bestimmtes (beneficium saeculare) zu erwerben 3, wovon nur für den Papat,
Kardinalat und Episkopat, die auch Ordensleuten offenstehen, eine Ausnahme gemacht wird,
endlich persönliche Erwerbs-“ und Eheunfähigkeit (öffentlich-trennendes 5 impedimentum
voti solennis, § 87). Voraussetzung für die Ablegung der einfachen Gelübde ist namentlich.
das vollendete 19. Lebensjahr bei Männern, das vollendete 16. bei Frauen #. Innerhalb von
fünf Jahren kann wegen Nichterfüllung einer durch das gemeine Kirchenrecht oder die Ordens-
statuten gemachten wesentlichen Voraussetzung auf Antrag des beteiligten Professen oder Klosters
sowie der Eltern jenes auf Nichtigkeit erkannt werden. Eigenmächtiges Verlassen des Ordens
hebt die Pflichten nicht auf, begründet aber das mit excommunicatio latae sententiae (§ 21, 3).
und Einsperrung bedrohte Delikt der apostasia a regula sive a monachatu. Ein unverbesserlich
der Ordenszucht widerstrebender Regulare kann unter statutarisch festgelegten Voraussetzungen
ausgestoßen werden 7, was aber keine Entbindung von den Gelübden, sondern lediglich die Sus-
pension der Gehorsamspflicht zur Folge hat. Die Pflichten, wennschon mit entsprechenden
Milderungen, beläßt aber auch die päpstliche Erlaubnis zum Leben in der Welt außerhalb des
Klosters, Säkularisation (bei Orden, Dispensation von Gelübden bei Kongregationen), die eher.
gewährt wird als die von der römischen Praxis tunlichst vermiedene völlige Entbindung von den
Gelübden durch päpstliche Dispensation (Laisierung) 8.
Heimbucher, Die Orden und Kongregationen der katholischen Kirche ", I—III, 1907/08;.
v. Scherer, Kr. II ## 147, 148; Vermeersch, Praelectiones canonicae, Pars specialis:
De religiosis institutis et personis, I/, 1907, II/, 1910;Bachofen, Compendium juris regu-
larium, 1903; Piat, Praelectiones juris regularis", 1907; Molitor, Religiosi juris capita.
selecta, 1909; Jansen, Ordensrecht, 1911; Braunsberger, Rückblick auf das katholische
Ordenswesen im 19. Jahrhundert, St. M.-L. Ergsh. LXXIX, 1901; Kallee, Die Entwicklung.
der Frauenklöster in Württemberg 1864—1910°, 1911; Gengler, Die Wirkungen des votum
aupertatis, Erlanger jur. Diss., 1893; Mayer, Die professio religiosa, 1895; Kober, Das feierliche
rmutsgelübde der Ordenspersonen im österreichischen Staatsrechte, Bened. St. M. XXKX, 1909;
Arndt, Die kirchlichen und weltlichen Rechtsbestimmungen für Orden und Kongregationen,
1904. Vgl. auch die Lit. zu § 57 a. E.
Die Klöster (claustra, monasteria) der Männerorden sind vom Pfarrecht eximiert; sie
werden, wie übrigens meist auch die Frauenklöster, von eigenen Geistlichen (bei Männerklöstern
von Regularen) versehen. Auch von der bischöflichen Jurisdiktion sind die Männer- sowie die
ihnen unterstellten Frauenklöster grundsätzlich eximiert. Doch hat das Tridentinum durch das
Mittel der gesetzlichen Delegation päpstlicher Aufsichtsbefugnisse (§ 40, 3) die Klöster z. B. be-
1 Oben S. 331 A. 3 und & 65.
* 64, 3 b a. E.
* Es gilt der Grundsatz: saecularia saecularibus, regularia regularibus.
* Nach BG. sind Mönche und Nonnen rechts- und vermögensfähig. Doch bleiben landes-
rechtliche Bestimmungen — nach EG. Art. 87 — unberührt, die, sofern die Gelübde auf Lebens-
oder unbestimmte Zeit abgelegt werden, für den Erwerb durch Schenkung oder von Todes wegen
staatliche Genehmigung vorschreiben. Vgl. Lit. zu § 57 a. E.
*ber dessen staatliche Nichtanerkennung oben S. 414 A. 5.
*Die Ablegung der feierlichen Gelübde kann nach Staatskirchenrecht in Preußen erst mit
25 bzw. 21, in Bayern mit 21 bzw. 33 Jahren geschehen. Nach dem Dekret der Religiosen-
kongregation Ecclesia Christi vom 7. September 1909 dürfen, außer mit besonderer Erlaubnis,
zum Noviziat oder zur Gelübdeablegung keine entlassenen Kolleg- oder Seminarzöglinge und.
Ordensleute zugelassen werden.
! Uber das Verfahren s. das Dekret der Religiosenkongregation Quum singulae vom 16. Mai
1911; Heiner, Das Prozeßverfahren bezüglich der Ausstoßung oder Entlassung der Religiosen,
A. f. k. Kr. XCI, 1911; Linneborn, Die Ausweifung und Entlassung der Ordenspersonen
aus dem Orden nach dem Dekrete der S. Congr. de religiosis Quum singulae, Theol. und Glaube
, 1911.
* Sakularisierte sollen ohne besondere päpstliche Erlaubnis nicht in einem Kirchen= oder
kachchen cgamte verwendet werden; Dekret der Religiosenkongregation Quum minoris vom
. Juni .