Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

440 Ulrich Stutz. 
Spezialvollmachten. Gewährt wird sie bloß auf das beiderseitige, meist eidliche Versprechen 
der katholischen Erziehung sämtlicher Kinder hin und auf das einseitige des akatholischen 
Teils, den andem nicht an der Ausübung der katholischen Religion zu hindern. Unter diesen 
Voraussetzungen werden mit Verschweigen der Religion des Akatholiken nach jetziger Praxis 
Aufgebot und Assistenz, aber ohne missa pro sponsis und benecictio solennis, gewährt. Sonst 
ist die Praxis verschieden. Jedenfalls aber wird die Mitwirkung der Kirche, auch die bloße 
assistentia passiva, d. h. die bloße Konsensentgegennahme, die zur Gültigkeit der Ehe un- 
erläßlich ist, laut Dekret des Sant’ Ofkizio vom 21. Juni 1912 selbst bei hartnäckiger Verweigerung 
der genannten Kautelen, wo sie bisher zulässig war, auch weiterhin gewährt werden kann 
und genügt, verweigert, wenn dem Pfarrer bekannt ist, daß vor- oder nachher auch eine lirch- 
liche Trauung durch den Geistlichen der anderen Konfession stattgefunden hat oder stattfinden. 
soll. Mischehen, die im Gebiete des deutschen Reiches von Deutschen formlos eingegangen 
sind, sind übrigens nach Pius' X. Konstitution Provicaa vom 18. Januar 1906 lediglich ver- 
boten, nicht aber wie anderwärts (außer in Ungam) ungültig. 
Trennende Ehehindemisse sind Mangel der Zurechnungsfähigkeit (sinnlose Betrumkenheit), 
der Ehemündigkeit, d. h. Nichtvollendung des vierzehnten Jahres beim männlichen, des zwölften 
beim weiblichen Teil (i. aetatis), impotentia coeundi matrimonio antecedens et perpetus, 
wenn incurabilis oder nur durch lebensgefährliche Operation zu beseitigen. Fermner der Irrtum, 
aber nur als error in persona und conditionis, d. h. über den freien Stand, sowie über eine 
Eigenschaft, von der die Identität mit der gewollten Person abhängt, error qualitatis redundans 
in personam, dagegen nicht über sonstige Eigenschaften, auch nicht über die Virginität. Weiter 
Nichteintritt der Bedingung (i. conditionis appositae, auch betreffend eine Eigenschaft) oder 
Drohung (i. vis ac metus, jedoch nur maioris malitatis. quam in constantem hominem cadere 
potest). Die Entführung (raptus) hindert die Ehe mit der zum Zweck der Ehelichung Ent- 
führten, solange diese in der Gewalt des Entfübrers sich befindet. Das impedimentum con- 
sanguinitatis hindert die Ehe zwischen Blutsverwandten in der geraden Linie und mit Seiten- 
verwandten bis zum vierten Grad einschließlich; gerechnet wird dabei kanonisch, d. h. vom 
gemeinsamen Stammuvater herab nach Generationen, doch so, daß bei Ungleichheit die längere 
Linie entscheidet. Die Schwägerschaft (akkinitas) hindert in demselben Umfang, und zwar 
nicht bloß als legitima, wenn eine konsummierte Ehe den einen Gatten mit den Blutsverwandten 
des anderen verschwägert, sondem auch als illegitima im Fall außerehelichen Geschlechts- 
verkehres, im letzteren allerdings nur bis zum zweiten Grade der Seitenlinie. Bei nicht 
konsummierter Ehe oder bloßem Verlöbnis entsteht für den einen Gatten oder Verlobten mit 
den Blutsverwandten des anderen das impedimentum publicae honestatis oder quasi aftini- 
tatis, während Adoptivverwandtschaft ein i. cognationis legalis, und geistliche Verwandtschaft 
zwischen dem Spender der Taufe oder Firmung einerseits und dem Täufling oder Firmling 
und dessen Eltem anderseits sowie zwischen dem Täufling oder Firmling und dessen Eltem 
einerseits und den Paten anderseits ein i. cognationis spiritualis zurückläßt. Weitere trennende 
Hindemisse sind eine bestehende Ehe (i. ligaminis) und der Bruch einer solchen mit dem anderen 
Teil, falls Ermordung des betrogenen Gatten (coniugicidium) oder das Versprechen der Ehe 
bzw. deren Eingehungsversuch mit unterliefen, (i. adulterü). Aber auch der gemeinschaft- 
liche Gattenmord zum Zweck späterer Ehe ohne vorangegangenen Ehebuch hindert die 
Ehe und wird mit dem i. adulterü gewöhnlich als i. criminis zusammengefaßt. Endlich die 
i. ordinis und voti solennis (§§ 65 und 82) und das i. disparitatis cultus, das die Ehe mit Juden, 
Heiden, überhaupt Ungetauften hindert. Dispensberechtigt für alle diese Hindemisse ist der 
Papst u. Die Annullation kann bloß durch Richterspruch erfolgen; formlose Aufgabe der un- 
gültigen Ehe ist unzulässig. 
1 Bgl. die Freiburger Anleitung zur Behandlung von Ehedispenssachen jeder Art vom 
15. Februar 1912, A. f. k. Kr. XCII, 1912, S. 491 ff. Nach einer Entscheidung des Sant’ Cffirio 
vom 23. April 1890 (A. f. k. Kr. LXV, 1891 S. 334 f.) ist der Bischof ermächtigt, nicht bloß in 
articulo mortis, sondern auch sonst im Falle der Not, wenn großes Argernis entstehen würde 
oder die Gefahr der Unenthaltsamkeit bestände, von allen verborgenen und öffentlichen Ehehinder- 
en zu dispensieren, und nach einer Entscheidung der Sakramentenkongregation vom 14. Mai 
1909 kann bei drohender Todesgefahr jeder Priester unter denselben Voraussetzungen, unter denen
	        
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