Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Strafrecht. 43 
dem anderen Strafantrag stellen und ist hierin nicht durch den Verzicht des anderen gebunden. 
Daß für den Berechtigten ein Stellvertreter die Antragserklärung abgeben kann, ist selbst- 
verständlich. Aber es ist auch eine Vertretung in der Ausübung des Antragrechts insoweit 
möglich, als durch die Stellung des Antrags ein Eingriff in vertretbare Rechte verfolgt wird. 
Daher kann z. B. der Vermögensverwalter den Strafantrag wegen einer Kreditgefährdung 
stellen, während er dies wegen Ehrverletzung des Vertretenen nicht vermöchte. 
Solange der Antrag gestellt werden kann, aber nicht gestellt ist, bleibt es ungewiß, 
ob es zum Prozeß kommt. Dieser Zustand darf aber nicht andauern. Daher ist der Antrag 
an eine Frist gebunden. Sie beträgt 3 Monate von dem Tage ab, an dem der Antragsberechtigte 
eine die Strafverfolgung ermöglichende Kenntnis von Tat und Täter erhalten hat. Um im 
Falle eines bereits eingeleiteten Prozesses die Ungewißheit über die Fortdauer desselben aus- 
zuschließen, kann der einmal gestellte Antrag grundsätzlich nicht (nur ausnahmsweise in den 
gesetzlich vorgesehenen Fällen) zurückgenommen werden (§ 64 StEG.). 
Die Stellung des Antrags bezweckt die Strafverfolgung wegen der gesamten Tat. Alle 
Teilnehmer müssen zur Verantwortung gezogen werden. Eine Beschränkung auf einzelne Be- 
teiligte steht dem Antragsberechtigten nicht zu. Sie ist im allgemeinen unbeachtlich, so daß 
also der wegen einer Person gestellte Antrag zur Verfolgung aller Beteiligten berechtigt 
(* 6 StGB.). Sollte jedoch die Beschränkung die Bedeutung einer bedingten Antragstellung 
haben, so macht sie, weil eine Bedingung dem Antrage nicht zugefügt werden kann, diesen über- 
haupt hinfällig. Eine nur scheinbare Ausnahme von dem Prinzip der Unteilbarkeit des An- 
trags besteht für die Fälle, bei welchen das Antragserfordernis wegen der persönlichen Be- 
ziehungen des Täters zum Verletzten aufgestellt ist (sog. relative Antragsdelikte). Hier aber 
ist der Antrag von vormherein nur auf diejenigen Teilnehmer an der Tat zu beschränken, welche 
in einer besonderen Beziehung zum Verletzten stehen. Wenn daher der Sohn den Vater auf 
Anstiften eines Freundes bestohlen hat, so ist dieser vor Gericht zu stellen, auch wenn der Sohn 
mangels Antrags unverfolgt bleibt. 
V. Ermächtigung. Verwandt mit dem Antrage ist die Ermächtigung, die auch in 
einer auf die Bestrafung gerichteten Willenserklärung besteht, aber nicht aus eigener Initiative 
des Verletzten abgegeben, sondern von der Strafverfolgungsbehörde eingeholt wird. Sie ist nur bei 
Beleidigung von Bundesfürsten (§ 99 St G.), Regenten eines Bundesstaates (§ 101 St GB.) 
und politischen Körperschaften (§ 197 StG.) vorgesehen und noch entschiedener als der Antrag 
Prozeßvoraussetzung. 
8§ 27. Strafaufhebung. 
Bon den Strafausschließungsgründen unterscheiden sich die Strafaufhebungsgründe 
dadurch, daß erstere den Strafanspruch überhaupt nicht aufkommen lassen, letztere ihn, nach- 
dem er bereits entstanden ist, wieder beseitigen. 
Zu den Strafaufhebungsgründen pflegt man zu rechnen: 
I. Tod des Verbrechers. Er bewirkt nicht nur die Vereitelung der Strafvoll- 
streckung, sondem tilgt auch, weil einem Verstorbenen gegenüber Ansprüche nicht bestehen können, 
den Strafanspruch. Demgemäfß fehlt die rechtliche Möglichkeit, ein bei Lebzeiten des Delin- 
duenten rechtskräftig gewordenes Urteil nach dessen Tod zu vollstrecken. Trotzdem kennt das 
Strafgesetzbuch die Vollstreckung einer Geldstrafe in den Nachlaß (§ 30 St GB.). Aber diese 
Maßregel, die das Vermögen unschuldiger Erben trifft, kann als Strafe nicht angesehen werden. 
Man sucht die ungerechtfertigte Bestimmung damit zu begründen, daß man sagt, die Geldstrafe 
hätte eigentlich im Augenblick der Rechtskraft des Urteils gezahlt werden müssen. Doch ließe 
sich dies nur hören, wenn es sich um einen Zivil-, nicht um einen Strafanspruch handelte. Als 
eine anormale Ausnahmebestimmung darf § 30 St G. keinesfalls auf andere Vermögensstrafen, 
wie Einziehung, ausgedehnt werden. 
Nur der Tod des Verbrechers, nicht Krankheit, selbst nicht unheilbare Geisteskrankheit, 
heben den Strafanspruch auf. Die Krankheit bewirkt lediglich einen, allerdings unter Um- 
ständen dauernden Strafaufschub. 
II. Tätige Reue, d. i. die Abwendung des durch das Verbrechen verursachten 
Schadens. Sie ist jedoch kein allgemeiner Strafaufhebungsgrund und wird nur bei einzelnen
	        
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