456 Ulrich Stutz.
8 102. Das kirchliche Bermögen.
Das kirchliche Vermögen 1, res ecclesiasticae, umfaßt namentlich das Finanzvermögen
der Kirche für Kultus- und Verwaltungskosten, speziell die Kirchenfabrik, fabrica ecclegiae, den
meist als Eigentum einer besonderen juristischen Person sich darstellenden Baufonds, Kirchen-
ländereien, Kirchhöfe, Land- und Stadtkapitelsgut, Domkapitelsvermögen, Seminarfonds,
Diözesanhilfsfonds, Demeritenfonds, Anstaltsfonds, Klostergut (res religiosae), endlich die Pfründ-
stifuungen im weiteren Sinn, wie das Benefizialvermögen der Pfarrei und anderer Pfründen,
das bischöfliche Tafelgut, mensa episcopalis.
Lampert, De criterio juridico qualitatis ecclesiasticae bonoroum in definiendo patri-
monio ecclesiae, 1905 (auch in Rassegna giuridica ecclesiastica); Marx, Das Kirchenvermögens-
recht mit besonderer Berücksichtigung der Diözese Trier, 1897; Vogt, Das kirchliche Vermögens-
recht", 1910; Meurer, Baierisches Kirchenvermögensrecht (s 101); Seber, Die Kirchhöfe
bei den aus vorfranzösischer Zeit stammenden Kirchen im Gebiet des rheinischen Rechts, 1894,
Der Eigentumsstreit wegen der Kirchhöfe auf der linken Rheinseite, 1910; Goes, Die Friedhofs-
frage, 1905, Zur Rechtslage der Konfessionen auf den Friedhöfen, D. Z. f. Kr. XX, 1911;
Ka welka, Studien zum ästerreichischen Friedhofsrecht, 1904; Falco, II riordinariamento
ella proprietà ecclesiastica, progetti italiani e sistemi germanici, 1910; vgl. die Lit. zu # 101.
§ 103. Kirchliche Gebühren und Steuern im besonderen.
Dem Pfarrer steht regelmäßig ein Anspruch auf Stolgebühr zu, iura stolse, für die Vor-
nahme kirchlicher Amtshandlungen (Taufe, Aufgebot, Eheeinsegnung, Begräbnis) und die Aus-
stellung der Bescheinigung darüber (die Eucharistie, die letzte Olung und gewöhnlich auch die
Beichte sind gebührenfrei). Die Höhe der Gebühr beruht auf Herkommen oder Diözesantaxe.
Die Vornahme der Amtshandlung darf nicht von der Zahlung, von der übrigens Arme befreit
sind, abhängig gemacht werden.
Der Zehnt, als Personalzehnt vom Einkommen überhaupt in Deutschland nicht rezipiert,
ist auch in seinen übrigen Formen, nämlich als großer Feldzehnt (decima praedialis major)
von Halmfrüchten und Wein, kleiner Feldzehnt (d. pr. minuta) von Wutzelgewächsen und
Baumfrüchten, als Blutzehnt (d. sanguinalis) auf das zehnte Stück Jungvieh, auf Butter und
Käse usw., infolge Umwandlung in Geldabgaben (Fixation und Aberration) sowie Ablösung
fast Überall beseitigt. Wohl aber haben sich mancherorts ärarische und kommunale Leistungen,
die aus der mittelalterlichen Verquickung weltlicher und kirchlicher Herrschaft und Gemeinde
herrühren, als Natural-, insbesondere Holzkompetenzen öffentlich= oder privatrechtlicher Natur,
als Almendnutzungen und öffentliche Fronden erhalten.
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1 Als bürgerlicher Ausfluß der kirchlichen Stellung steht es im Staat unter dessen Recht,
hinsichtlich der Berwaltung unter öffentlichem, sonst unter privatem, an dessen Unverletzlichkeit
es teilnimmt. Über die Rechts- und Eigentumsfähigkeit bestimmt heutzutage einzig und allein
der Staat; die Frage nach dem Eigentümer des Kirchenguts ist also eine zivilistische Frage. Doch
erledigt sie das staatliche Recht regelmäßig durch ausdrückliche oder stillschweigende Anerkennung
der vom Kirchenrecht als Eigentumsträger bereitgestellten Subjekte. So auch das Preußische
Allgemeine Landrecht, dessen Bestimmung II 11 §&170: „Kirchen und andere dahin gepörige Ge-
bäude sind (ergänze: wenn zwischen Katholiken und Evangelischen streitig) ausschließend das Eigen-
tum der Kirchengesellschaft, zu deren Gebrauche sie bestimmt sind“ allerdings von der Theorie
wie von der Praxis (zuletzt E. d. OG. vom 23. Januar 1911, XL, 1911 S. 109 ff.) meist dahin
gründlich mißverstanden worden ist, daß das Gesetzbuch ganz allgemein das Eigentum den Kirchen-
emeinden zuerkenne. Man kann, mit Rücksicht auf die Unterbringung im 11. Titel, höchstens
agen, die Bestimmung denke sich das Eigentum von Kirchengesellschaften oder Gemeinden als
häufig zutreffende Voraussetzung; jedenfalls schließt sie andere Kirchengutseigentümer nicht aus.
Hübler, Der Eigentümer des Kirchenguts, 1868; v. Schilgen, Der Eigentümer des Kirchen-
vermögens nach Preuß. AL., A. f. k. Kr. LXX, 1893; Stutz, Das Preußische AL. und der Eigen-
tümer des Kirchenguts, Festgabe f. Hübler, 1905; Schoen, Pr. Kr. (§5 48, 3) II S. 436 ff.
Bayern ist auch die ganze katholische Kirche im Land als Einheit als Rechtssubjekt anerkannt.
ür den Verkehr (z. B. Vermächtnisse) ist BG. maßgebend. Einzelstaatliche Amortisations-
gesetzgebungen haben den Erwerb durch die Kirche, soweit er 5000 Mk. übersteigt, Beschränkungen
unterworfen; EG. z. BG. Art. 86.