Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

466 Ulrich Stutz. 
läßt alle Divisions- und Gamisonspfarrer; die Militäroberpfarrer ernennt der König frei auf 
einen durch Vermittlung des Kriegs= und des Kultusministeriums ihm vom Feldprobst zu 
machenden Vorschlag. 19083 ist durch eine evangelische Kirchenordnung für die Marine auch 
das entsprechende Amt eines Marineprobstes (vorläufig vom Feldprobst nebenamtlich mit 
verwaltet) vorgesehen worden; als Marineoberpfarrer sollen die beiden Stationspfarrer und 
der Flottenpfarrer sowie die Ersten Pfarrer unter mehreren zu einer selbständigen Kommando- 
behörde kommandierten Marinegeistlichen gelten. 
Friedberg, BR. 5 1; Schoen, Pr. Kr. I S. 25, 69, 74 und 522; Richter, Die 
evangelische militärkirchliche Dienstordnung, 1903; Niedner, Die Bedeutung bes Militärkirchen- 
wesens für das Verhältnis von Staat und Kirche, Zeitschr. f. Politik I, 1907, und Lit. zu # 81. 
§ 113. Die Pfarrer und ihre Gehilfen. 
Ein einziges Amt, mit dem sich wohl eine Verschiedenheit von Rang und Titel (Ober- 
pfarrer, Archidiakon, Prälat usfw.) und der äußeren Stellung (Hauptpfarrer und Hilfsgeistlicher) 
nicht aber eine Verschiedenheit der geistlichen Befähigung verträgt, ist in der evangelischen Kirche 
eingesetzt, um Wort und Sakrament, überhaupt um alle geistlichen Handlungen zu verwalten, 
das ministerium verbi divini. Seine ordentliche Erscheinungsform ist das Pfarramt. Der 
Pfarrer (ständiger Pfarrvikar) leitet im Auftrage der (Landes-) Kirche die einzelne Orts= oder 
Pfarrgemeinde (Parochie, Kirchspiel), besorgt den Gottesdienst, die Seelsorge, die Verwaltung 
der Sakramente, predigt, unterrichtet im Jugend- und Konfirmandenunterricht und führt die 
Kirchenbücher. Auch für des evangelischen Pfarrers Zuständigkeit gilt der Satz: „Quisquis 
est in parochia, est etiam de parochia.“ Doch wird der Pfarrzwang nicht bloß durch ältere 
Befreiungen zugunsten von Beamten, Adeligen usw. und durch neuere Exemtionen, wie die- 
jenige der Militärgemeinden, durchbrochen, sowie durch das in Städten oft hergebrachte Parochial- 
wahlrecht, wonach man sich zu einer Wahlpfarrei halten kann, um die sich mit einer Territorial- 
gemeinde oder ohne eine solche auf diese Weise ein Personalverband bildet. Vielmehr ist in 
neuerer Zeit der Pfarrzwang auch sonst gemildert und auf Aufgebot und Begräbnis beschränkt 
worden. Und stets kann das Pfarrkind durch den zuständigen Pfarrer vermittelst eines Er- 
laubnis-, Entlassungs= oder Losscheines für die Vornahme der betreffenden Amtshandlung 
durch einen an sich nicht zuständigen Geistlichen freigegeben werden. Mehrere Pfarrer haben 
im Zweifel gleiche Stellung; daneben gibt es Hilfsprediger, und zwar entweder mit selb- 
ständigem Wirkungskreis, aber in Unterordnung unter den Pfarrer, oder als abhängige Hilfs- 
geistliche. 
« Friedherg,BR.§§lD,23-25;Schoen,Pr.Kt.II§§60,65,75,76,84,85,86;Weiz- 
säcker, Juristischer Wegweiser für Kirchenbau und Parochialteilung in den sieben östlichen Pro- 
vinzen der Landeskirche Preußens, 1891; Rieler, Die rechtliche Natur des evangelischen Pfarr- 
amts, 1891; Niedner, Die Mitwirkung des ersten Geistlichen bei der Besetzung der Diakonats- 
stellen in den Städten der Provinz Brandenburg, D. Z. f. Kr. XV, 1905; Fleiner, Die Mit- 
wirkung des Propstes zu St. Petri bei den Wahlen der Prediger der St. Petri-Kirche zu Cöln an 
der Spree, Jo. f. Brandenburgische Kg. V, 1909; Die Kirchenbücher der Mark Brandenburg, 
Veröff. d. Ver. f. Gesch, d. Mark Brandenburg 1, II, 1905; Preußisches Pfarrarchiv, Zeitschrift 
für Rechtsprechung und Verwaltung auf dem Gebiete der ungellischen Landeskirchen, seit 1909, 
bis jetzt 5 Bde.; Heymann, Parochialänderung und Katholizitäts-Prinzip nach kurhessischem 
Kirchenrecht, 1906. 
  
Geistlicher wird man durch die Ordination (in Württemberg erst seit 1855). Diese stellt 
sich nach dem in § 108 Ausgeführten als der kirchenregimentliche Akt dar, durch den die Kirche 
für den Betreffenden das feierliche Zeugnis darüber ablegt, daß er fähig sei, das bei ihm wie 
bei jedem gläubigen Christen schon vorhandene Priestertum auszuüben, und wodurch sie weiter 
ihm die allgemeine Bevollmächtigung erteilt, die Schlüsselgewalt in ihrem Namen und Auftrag 
zu verwalten. Einen übernatürlichen und unauslöschlichen Charakter gibt sie nicht; sie kann 
auch wieder entzogen oder freiwillig aufgegeben werden. Dagegen hat der evangelische Geist- 
liche kraft staatlichen Rechts während der Dauer seines Amtes gewisse Standesrechte, dieselben 
wie der katholische loben S. 414 A. 2) mit Ausnahme der Befreiung von der militärischen Dienst- 
pflicht; auch die Standespflichten sind, abgesehen von der Verpflichtung zur Ehelosigkeit und
	        
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