Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Kirchenrecht. 473 
berg, Berlin, Loccum, Hannover, München, Leipzig, Heidelberg, Schwerin, Wolfenbüttel, Alten- 
burg, Soest und Erichsburg). Auch Lehrwikariate bei erprobten Geistlichen dienen diesem Zweck. 
Friedberg, BR. 75 19; Schoen, Kr. II § 55, 58, 98, 100; Kahl, Bekenntnis- 
gebundenheit und Lehrfreiheit, 1897, und D. Z. f. Kr. VIII, 1898 über die gleichnamige Schrift 
von Agricola, 1898; Mulert, Die Lehrverpflichtung in der evangelischen Kirche Deutsch- 
lands, 1906; Löber, Die im evangelischen Deutschland geltenden Ordinationsverpflichtungen, 
1905; Harnack, Das neue kirchliche Spruchkollegium, Preuß. Ibb. CXXXVIII, 1909; Hub- 
rich, Das Verfahren gegen Geistliche bei Lehrirrungen, 1909; Kahl, Das neue preußische 
rulehregesetz, Deutsch-Evangelisch I, 1910; Niedner, Gedanken über Zwang, in Human. 
ymnas. und modernes turleben, Festschr. f. d. Erfurter Gymnasium, 1911. 
Fünftes Kapitel. 
Kirchenzucht und Disziplinarstrafgewalt. 
8 119. Die Kirchenzucht. 
Die Kirchenzucht ist das Vorgehen der evangelischen Kirche gegen Verfehlungen ihrer 
Glieder, die durch Gotteslästerung, Ehebruch, Unzucht, Verletzung christlicher und kirchlicher 
Pflichten offenbares Argermis erregen. Sie vollzieht sich durch Ermahnungen und bei deren 
Erfolglosigkeit durch Strafen, die in Minderung oder Entziehung kirchlicher Mitgliedschafts- 
rechte bestehen. Die neueren Kirchengesetze suchen sie wieder zu beleben. Die Handhabung 
der Zuchtgewalt liegt bei den Gemeinden und deren Gemeindekirchenräten, aber unter Vor- 
behalt des Rekurses gegen ihre Entscheidungen an den Kreissynodalvorstand (Altpreußen, Rhein- 
land, Westfalen). Die rheinisch-westfälische Kirchenordnung bezeichnet als Zuchtvergehen laster- 
haften und offenbar gottlosen Wandel sowie ausdrückliche Verwerfung und Verspottung des 
kirchlichen Glaubens in bestimmten, schriftlichen oder mündlichen Erklärungen oder öffentlichen 
Handlungen. Dazu kommen aber weiter seit dem PSt G. vom 6. Febmar 1875 und der Ent- 
staatlichung der Taufe, Konfirmation und Trauung kirchliche Bestimmungen, welche die Be- 
obachtung dieser Bestandteile der kirchlichen Ordnung strafrechtlich zu sichern bezweckten. Dem- 
nach kann gegen Eltemm, die ihre Kinder nicht taufen und konfirmieren lassen, gegen Gatten, 
welche für ihre Ehe nicht die kirchliche Einsegnung nachsuchen oder die Verpflichtung eingehen, 
ihre sämtlichen Kinder in einer anderen Konfession erziehen zu lassen, namentlich mit Entzug 
des Stimm- und Wahlrechts, der Entziehung der Befähigung zur Taufpatenschaft, dem Aus- 
schluß vom Abendmahl vorgegangen werden (Preußen alte Provinzen, Hannover, Schleswig- 
Holstein, Bayern, Sachsen, Baden, Mecklenburg). Doch hat ein Mahnverfahren vorauszugehen, 
und bei nachträglicher Erfüllung der versäumten Pflicht hat die Wiederherstellung der ent- 
zogenen Rechte stattzufinden (Zensur, eventuell Begnadigung). Von älteren Strafen ist lokal 
noch in Ubung die Versagung des Brautkranzes bei Trauungen von Deflorierten. Nament- 
lich aber wird bei Selbstmord von Zurechnungsfähigen das kirchliche Begräbnis ganz oder doch 
jede Feierlichkeit dabei untersagt. Dagegen gilt Anordnung der Feuerbestattung nicht als Verstoß 
gegen die kirchliche Zucht; es ist deshalb z. B. in Altpreußen dem Geistlichen freigestellt, dabei, 
aber allerdings nur vor der Uberführung des Sarges in den Verbrennungsapparat, amtlich 
mitzuwirken. 
Schoen, Pr. Kr. II K 73, 82; Uhlhorn, Die Kirchenzucht nach den Grundsätzen der 
lutherischen Kirche, 1901; Feldweg, Die Kirchenzucht, eine Aufgabe der Lokalgemeinde, D. Z. 
f. Kr. XX, 1911; Thümmel, Die Versagung der kirchlichen Bestattungsfeier, 1902; Nöldeke, 
Die kirchliche Beerdigung der Selbstmörder, 1903; Niedner, Zur Frage der kirchlichen Kom- 
petenz auf dem Gebiete des Begräbniswesens in Preußen, D. Z. f. Kr. XVIII, 1908; Winkler, 
Zur Frage der Zulässigkeit der Versagung des kirchlichen Begräbnisses .. infolge der unter- 
büebenen Trauung des zur evangelischen Landeskirche gehörigen Verstorbenen, Verwaltungsarch. 
, 1908. 
8§ 120. Das Disziplinarstrafrecht. 
Für die Ahndung von Amtsvergehen der evangelischen Geistlichen sind die Kirchen- 
regimentsbehörden zuständig, in Preußen die Konsistorien in erster, der Oberkirchenrat 1 bzw. 
: Entscheidungen, z. B. vom 21. Juni 1912 gegen Pfarrer Traub in Dortmund, im A. Kbl.
	        
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