Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

478 Ulrich Stutz. 
zu leisten haben, und daß der Patron schon als solcher baulastpflichtig ist. Bei Stadtkirchen läßt 
ihn das preußische Recht ein Drittel, bei Landkirchen zwei Drittel tragen. 
Im Pfründenrecht hat z. B. Baden die Erleichterung getroffen, daß die Pfründen von 
einer Zentralpfarrkasse verwaltet werden, von der dann der Geistliche den Geldbetrag seiner 
Einkünfte erhält. Preußen, wo die Kirchgemeinde die Einkünfte des Stellenvermögens, sofem 
es nicht an den Stelleninhaber verpachtet ist, bezieht, besitzt seit 1898 eine mit Rechtspersönlich- 
keit ausgestattete Alterszulage= sowie eine Ruhegehaltskasse für die evangelischen Geistlichen 
sämtlicher preußischen Landeskirchen, bei denen die einzelne Pfarrstelle versichert wird, mit 
der Wirkung, daß dem Geistlichen in bestimmten Zeiträumen zu seinem von der Gemeinde zu 
gewährenden Grundgehalt (mindestens 2400—5000 Mk.) Alterszulagen zugebilligt werden, 
die ihn mit 24 Dienstjahren auf 6000 Mk. bringen, und daß er bei seiner Versetzung in den Ruhe- 
stand ein entsprechendes lebenslängliches Ruhegehalt erhält 1. Da der evangelische Geistliche 
regelmäßig verehelicht ist, haben die Bestimmungen über Sterbezeit und Verdienstjahr (Gnaden- 
zeit) für ihn und seine Hinterbliebenen eine erhöhte Bedeutung. Zugunsten der letzteren 
kommt noch die Gnadenzeit von einem Viertel-, halben oder ganzen Jahr hinzu, während dessen 
der Witwe und den unversorgten Kindern namentlich der Genuß der Amtswohnung verbleibt. 
Auch Pfarr-Witwen- und Waisenkassen bestehen in manchen Kirchen zur Versorgung der Hinter- 
bliebenen (in Preußen seit 1895 der mit juristischer Persönlichkeit versehene Pfarr-Witwen- 
und -Waisenfonds für alle in der Monarchie vereinigten Landeskirchen 2. 
Am selbständigsten hat die evangelische Kirche das Besteuerungs- (Preußen 1905, neue 
Provinzen 1906) und Verwaltungsrecht (Verwaltungsordnungen, d. h. Dienstweisungen für die 
mit der Verwaltung betrauten Organe, für Preußen östliche Provinzen 1893, Westfalen 1902, 
Rheinprovinz 1909) ausgebildet 2. Jenes wird für Gemeindebedürfnisse von den Gemeinde- 
organen, für die höheren Verbände von den betreffenden Synoden (in Bayem Steuersynoden 
seit 1908) unter Mitwirkung der Regimentsbehörden geübt. Entsprechend ist die Zuständigkeit 
für die Verwaltung geordnet. Doch treten auf den höheren Stufen die Regimentsbehörden 
(Konsistorien, Oberkirchenrat bzw. Kultusminister) mehr herwvor. 
Friedberg, V. 5 23; Schoen, Pr. Kr. II K 61—63, 89—94, 96,97; Burkhard, 
ur Lehre von der kirchlichen Baupflicht, 1884; Fischer, Die Kirchen- und Pfarrbaulast der 
tadt Berlin, 1898; Weise, Der Streit um die kirchliche Baulast in der Kurmark Brandenburg, 
insbesondere Berlin, D. Z. f. Kr. XIII, 1903; Rackwitz, Die Kirchenbaupflicht der Branden- 
burgischen Konsistorialordnung von 1573, Schrift. d. Ver. f. Gesch. d. Neumark XX, 1907; "1 oltze, 
Die brandenburgische Konsistorialordnung von 1573 und ihre Kirchenbaupflicht, Schrift. d. Ver. f. 
Gesch. Berlins, 39. H., 1904; Urteil des Kammergerichts vom 13. März 1903 in Sachen der Stadt- 
gemeinde Berlin contra Kirchgemeinde St. Markus wegen Kirchenbaulastpflicht, 1903; Niedner, 
Städtisches Patronat (5 48, 3); Uibeleisen, Die Rechtsverhältnisse der Kirchenstühle, D. 8 
f. Kr. VIII, 1898; Woltersdorf, Zur Handhabung des Kirchstuhlrechts, D. Z. f. Kr. VIII, 
1898; Freytag, Die rechtliche Natur der Lufenumlage für kirchliche Zwecke in den evangelischen 
Kirchspielen des Danziger Werders, D. Z. f. Kr. XVIII, 1908. 
Achtes Kapitel. 
Das Trauungsrecht. 
8 128. Die evangelische Trauung, ihre Voraussetzungen und ihre Wirkung. 
Die evangelische Kirche erkennt das staatliche Eherecht mit Einschluß des Scheidungsrechtes, 
wie es nunmehr im BG#. niedergelegt ist, und die danach geschlossenen Ehen an. Sie verlangt 
aber, daß ihre Mitglieder zum Eintritt in diesen Stand, den sie zwar nicht für ein Sakrament, 
wohl aber für der göttlichen Ordnung besonders unterstellt erachtet, den göttlichen Segen 
1 Preußische ev. Pfarrbesoldungsgesetze und ebensolche Ruhegehaltsordnungen vom 26. Mai 
und 14. August 1909 nebst Staatsgesetz vom selben Tage. Die Mittel für die Aufbesserung werden 
wie für die katholische Geistlichkeit z. T. von den Kirchen selbst aufgebracht, teils durch Staats- 
und Gemeindezuschüsse beschafft. 
* In betreff des Anspruchs der preußischen Pfarrwitwen und --waisen auf Witwen= und- 
Waisengeld s. die preußischen Kirchengesetze vom 26. Mai 1909. 
* Für Sachsen vgl. jetzt das Staatsgesetz vom 11. Juli 1913. 
 
	        
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