Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

Völkerrecht. 513 
Im übrigen ist jeder An-- und Eingriff, jede Verletzung eines fremden Staats rechtswidrig. 
„Kein Staat“, sagt Jellinek, „kann rechtlich von einem anderen etwas fordem oder ihn recht- 
mäßig zu etwas zwingen als auf Grund eines Rechtssatzes.“ 
8. Das Gebietsrecht. 
8 17. 1. Begriff der Gebietshoheit. 
Literatur. Heimburger: Der Erwerb der Gebietshoheit, Bd. I, Karlsruhe 1888; Preuß: 
Gemeinde, Staat, Reich als Gebietskörperschaften, Berlin 1888; Bansi in Hirths Annalen des 
Deutschen Reichs 1898, S. 641 ff.; Fricker: Gebiet und- Gebietshoheit, Tübingen 1901; Laband: 
Das Staatsrecht des Deutschen Reichs, 1 (5) 190 ff.; Cavaglieri: II diritto internazionale e il 
rapporto giuridico tra Stato e territorio, Pisa 1904; Diena: Considerazioni critiche 45/59 (vgl. 
Rivista 2 305); Erich Kaufmann: Auswärtige Gewalt und Kolonialgewalt in den Vereinigten 
Staaten von Amerika, Leipzig 1908; Ghirardini: La sovranita territoriale nel diritto inter- 
nazionale, Cremona 1913; ArchOffR. 9 1, 20 313, 21 428, 22 416, 28 454. 
Die völkerrechtliche Gebietshoheit ist das ausschließliche Herrschaftsrecht des Staats an 
einem bestimmten Teil der Erde. Es gründet sich auf die Zugehörigkeit des Gebietsteils zum 
Staat. Gegen alle anderen Staaten hat der Berechtigte den Anspruch auf Unterlassung jeder 
Einwirkung auf sein Gebiet, welche sie nur als Staaten — durch Ausübung von Hoheitsakten — 
vornehmen könnten. Er selbst benutzt allein das Gebiet zur Entfaltung staatlichen Lebens; 
nur er darf Hoheitsakte auf ihm vomehmen. 
Die völkerrechtliche Gebietshoheit ist ein dingliches Recht, aber von dem Eigentum an 
Grund und Boden so verschieden, wie staatliche und private Herrschaft es sind; erstere schließt 
u. a. die völkerrechtliche Verfügung über das Gebiet sowie die Herrschaft über die Menschen 
auf dem Gebiet in sich. Beide Rechte können an dem nämlichen Teil der Erde bestehen; beide 
können, müssen aber nicht dem nämlichen Staat zustehen. Die Gebietshoheit ist gegen fremde 
Staaten gerichtet, das Eigentum gegen die der innerstaatlichen Rechtsordnung unterworfenen 
Rechtsgenossen. Das Eigentum an Grund und Boden im diesseitigen Staatsgebiet kann auch 
ein fremder Staat erwerben, ohne daß die Gebietshoheit geändert würde: Erwerb eines Grund- 
stücks zum Eisenbahnbau, zur Anlage einer Kohlenstation. Die Gebietshoheit schließt nicht 
jede Einwirkung eines fremden Staats auf das Gebiet aus, sondern nur die eigentümlich 
staatliche; die Rechte eines Privatmanns kann auch der Staat an dem fremder Gebiets- 
hoheit unterworfenen Grundstück erwerben. Umgekehrt kann er die Gebietshoheit ohne 
Eigentum erlangen. Der Übergang des Eigentums erfolgt nach bürgerlichem der der 
Gebietshoheit nach Völkerrecht. 
An dem nämlichen Gebiet kann mehreren Staaten die Gebietshoheit zustehen: 1. im 
Bundesstaat, 2. im Fall des Kondominats, des gemeinschaftlichen Erwerbs der Gebietshoheit 
durch mehrere Staaten: Kondominat Preußens und Osterreichs über Schleswig, Holstein und 
Lauenburg nach dem Wiener Frieden 1864. 
8 18. 2. Umfang der Gebietshoheit. 
Literatur. a) Das Wassergebiet. Harburger: Der strafrechtliche Begriff 
Inland, Nördlingen 1882; Perels: Das internationale ösgemliche Seerecht der Gegenwart (2), 
Berlin 1903;: Imbart Latour: La mer territoriale au point de vue théorique et pratique, Paris 
1889; Schücking: Das Küstenmeer im internationalen Recht, 1897; Olivieri: II diritto dello Stato 
sul mare territoriale, Genua 1902; Fleischmann: Wörterbuch des deutschen Staats- und Ver- 
waltungsrechts 2 (2), 702; Rev. 25 417, 26 209, 386, 43 539, 45 153; Rev. Gén. 5 264, 309; 
Ann DR. 1885 S. 278; ArchOffKR. 22 176, 416; Z VölkR. 1 579, 5 74, 157; Rivista 5 109. — 
Schiedsspruch vom 23. Oktober 1909 über die Grenze des schwedischen und norwegischen Wasser- 
gebiets bei Martens N. R. Gén., 3. Ser., 3 85. — b) Das Luftgebiet. Fauchille: Le do- 
maine abrien et le régime juridique des aérostats, Paris 1901; Meili: Das Luftschiff im internen 
Recht und Völkerrecht, Zürich 1908; Grünwald: Das Luftschiff in völkerrechtlicher und strafrecht- 
licher Beziehung, Hannover 1908; Alex Meyer: Die Erschließung des Luftraums in ihren recht- 
lichen Folgen, ferner: Die Luftschiffahrt in kriegsrechtlicher Beleuchtung, Frankfurt a. M. 1909; 
Fleischmann: Grundgedanken eines Luftrechts, München 1910; Catellani: II diritto aereo, Turin 
Enzyklopädle der Rechtswissenschaft. 7., der Neubearb. 2. Aufl. Band V. 83
	        
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