522 Paul Heilborn.
der juristischen Personen, Tübingen 1907; Cahn: Das Reichsgesetz über die Erwerbung und den
Verlust der Reichs= und Staatsangehörigteit (3), Berlin 1908; v. Martitz: Ann DR. 1875; Arch-
OffK. 12 200, 317, 29 188: Z Völk R. 1 53, 614, 2 209; Verwrch. 20 1; Rev. 39 711, 40 285, 401,.
525, 43 233; Rev. Gén. 16 57; Rivista 6 109.
I. Begriff und Bedeutung. Staatsangehörigkeit ist die dauernde Zugehörig-
keit eines Menschen zu einem bestimmten Staat. Sie ist nicht unlösbar, aber unabhängig von
dem Aufenthalt des Menschen in dem räumlichen Bereich der Staatsherrschaft. Kraft der Zu-
gehörigkeit ist der Mensch einmal, und das ist das erste, dem Staat dauernd unterworfen: er
wird durch den Staatswillen rechtlich gebunden; sodann hat er eine Reihe von Rechten gegen
den Staat, insbesondere den Anspruch auf Schutz. Der staatsrechtlichen Unterwerfung ent-
spricht nach außen hin das völkerrechtliche Recht des Staats an der Person seines Untertans;
es sichert ihm die Ausübung der eigenen Herrschaft sowie den Schutz des Angehörigen gegen
rechtswidrige Eingriffe fremder Staaten. Das Recht des Heimatstaats gründet sich auf die
Zugehörigkeit des Menschen zu seinem Staatsverbande; jedes Recht eines fremden Staats
bedarf ihm gegenüber besonderer Begründung.
In den Beziehungen zwischen einem Staat und dem Angehörigen eines anderen Staats
ist die Staatsangehörigkeit des Fremden in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung:
1. Gehört der Ausländer einem fremden Staat an, so müssen die Rechte dieses Staats
geachtet werden. Jeder Staat hat Anspruch darauf, daß seine Angehörigen den besonderen
Vertragsbestimmungen, eventuell dem allgemeinen Völkerrecht entsprechend behandelt werden.
2. Will ein Staat für einen im Ausland rechtswidrig behandelten Menschen eintreten,
so bildet dessen Staatsangehörigkeit die Legitimation für den schützenden Heimatstaat.
3. Die persönliche Rechts- und Handlungsfähigkeit des Ausländers sowohl auf dem Gebiet
des öffentlichen wie des Privatrechts richtet sich in vielen Fällen nach seinem Heimatrecht.
Immer ist demnach die Staatsangehörigkeit des einzelnen Fremden festzustellen.
II. Erwerb und Verlust der Staatsangehörigkeit. Gebietserwerb
bzw. -verlust führt für die Bewohner des betreffenden Gebiets nach Völkerrecht den Wechsel
der Staatsangehörigkeit herbei (§ 21). Im übrigen wird deren Erwerb und Verlust durch die
Gesetzgebung der einzelnen Staaten geregelt, d. h. jeder Staat bestimmt einseitig, welche Menschen
ihm zugehören. Erwerbsgründe sind: Abstammung von, Legitimation durch einen Inländer,
Verheiratung einer Frau mit einem Staatsangehörigen, Geburt im Inland, Aufnahme eines
Ausländers in den Staatsverband, sei es ausdrücklich, sei es durch Anstellung im Staatsdienst.
Die Staatsangehörigkeit geht verloren: durch Entlassung aus dem Staatsverband auf Antrag,
durch Ausstoßung, durch längeren, nach dem bisherigen deutschen Recht durch zehnjährigen
Aufenthalt im Ausland, durch Erwerb einer fremden Staatsangehörigkeit (Code civil, Art. 17),
insbesondere durch Verheiratung einer Inländerin mit einem Ausländer, durch Legitimation
eines Kindes seitens eines Ausländers.
In der Ausgestaltung dieser und ähnlicher Erwerbs- und Verlustgründe ist der Staat frei,
solange er nicht in die Rechtssphäre anderer Staaten eingreift. Unzulässig ist die Zwangs-
naturalisation eines fremden Staatsangehörigen; sie wäre eine rechtswidrige Vergewaltigung
der Persönlichkeit. Statthaft ist dagegen die Naturalisation eines fremden Staatsangehörigen
mit dessen Einverständnis. Die Zustimmung des Heimatstaats ist nicht erforderlich; seine Rechte
werden aber durch die Naturalisation nicht beeinträchtigt. Sein vom fremden Staat auf-
genommener Untertan hat doppelte Staatsangehörigkeit, bis die ältere nach dem Recht des
Heimatstaats erlischt. Die amerikanischen Staaten sind allerdings der Meinung, die ältere
Staatsangehörigkeit erlösche durch Erwerb einer neuen. Allgemeiner Grundsatz ist das aber
noch nicht, wenngleich die Nordamerikanische Union eine Anzahl entsprechender Abkommen
durchgesetzt hat (Fleischmann 80, Martens: N. R. Gén. 3°% Ser. 3 233/47, 4 250).
Für den einzelnen Menschen ist die Anerkennung der Staatsangehörigkeit vielfach staats-
rechtliche Pflicht. Ein Recht zum Eintritt in den, zum Austritt aus dem Staatsverband kann
er nur nach dem Landesrecht eines Staats erwerben. Den Austritt aus dem Staatsverband
gestatten gegenwärtig die meisten Staaten unter zwei Bedingungen: a) Erfüllung der bereits
begründeten Pflichten gegen den Staat, insbesondere Ableistung der militärischen Dienstpflicht.