Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

532 Paul Heilborn. 
eine Pflichtverletzung hat zuschulden kommen lassen. Die Form für den Abbruch ist entweder 
die Erklärung, daß man die Mission als beendet ansehe, oder die Zurückforderung bzw. Zu- 
stellung der Pässe, unter Umständen auch die ausdrückliche Ausweisung des Gesandten; 
2. durch Untergang eines der beiden Staaten. Beim Wechsel in der Person eines der 
beiden Staatshäupter führen die Gesandten die Geschäfte weiter, bis ihnen die Vollmacht aus- 
drücklich oder durch Bestellung eines Nachfolgers entzogen wird. Der Gesandte eines abgesetzten 
Staatshaupts kann nur noch als Privatbevollmächtigter angesehen werden, sobald das neue 
Staatsoberhaupt ihm einen Nachfolger bestellt hat. Gesandtschaftlicher Verkehr mit zwei Prä- 
tendenten ist ausgeschlossen. Empfang eines Gesandten ist Anerkennung des entsendenden 
Staatshaupts; ebenso die Entsendung eines Gesandten Anerkennung des besendeten Staats- 
haupts. 
III. Nur Unterbrechung, aber kein Ende der Mission tritt ein, wenn der diplomatische 
Verkehr zeitweilig eingestellt, der Gesandte aber auf seinem Posten belassen wird. Sowohl 
bei Eintritt von Mißhelligkeiten wie von inneren Umwälzungen, deren Ausgang ungewiß ist, 
kann in dieser Weise verfahren werden. Da die Mission als fortdauernd angesehen wird, so 
verbleibt der Gesandte im Genuß seiner Vorrechte und seiner Anciennität. 
§ 33. J) Die Pflichten des Gesandten. 
Der Gesandte steht in dienstlichem, durch das heimische Staatsrecht geregeltem Verhältnis 
zum Absendestaat. Das Völkerrecht ordnet nur seine Stellung zum Empfangstaat. 
1. Die Rechtsordnung des Empfangstaats ist für den Gesandten maßgebend, soweit nicht 
Befreiungen Platz greifen. Insbesondere darf er den strafrechtlichen Normen, den zur Aufrecht- 
erhaltung der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung erlassenen polizeilichen Vorschriften 
nicht zuwiderhandeln. Kraft des Vorrechts auf Exterritorialität sind zwar die Rechtsfolgen 
der Zuwiderhandlung für ihn nicht die nämlichen wie für einen Privatmann. Die Pflicht zur 
Befolgung der Normen liegt ihm aber auch ob. Daraus ergibt sich für ihn die Unzulässigkeit 
einer Beamtenbestechung zur Ermittlung von Nachrichten. Der hier ausgestellte Grundsatz 
ist freilich sehr bestritten. Die Exterritorialität wäre indessen unerträglich, wenn der Gesandte 
allen Geboten eines geordneten staatlichen Zusammenlebens Hohn sprechen könnte. Die Be- 
schwerde beim Absendestaat und der an ihn gerichtete Antrag auf Bestrafung des Gesandten 
müssen sich darauf stützen, daß dieser einer für ihn maßgebenden Norm zuwidergehandelt habe. 
Der Empfangstaat ist aber nur dann verletzt, kann sich nur dann beschweren, wenn seine eigene 
Norm übertreten wurde. 
2. Der Gesandte darf sich in die inneren Angelegenheiten des Empfangstaats nicht ein- 
mischen, weil der Absendestaat selbst hierzu nicht berechtigt ist. Nur sofern diesem ausnahms- 
weise eine Interwention gestattet ist (§ 57), kann er sie durch den Gesandten vornehmen. 
3. Der Gesandte darf geschäftlichen Verkehr nur mit den vom Empfangstaat bezeichneten 
Personen pflegen. Für die drei ersten Gesandtenklassen kommen das Staatsoberhaupt und 
der Minister der auswärtigen Angelegenheiten des Empfangstaats, für die vierte Klasse nur 
der letztere, außerdem für alle Gesandten die zu Unterhandlungen bestimmten Beamten des 
Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten in Betracht. Der Gesandte darf sich ohne be- 
sondere Erlaubnis nie an ein anderes Ministerium oder an eine niedere Behörde wenden. Es 
ist nicht Sache des fremden Gesandten, sondern des Empfangstaats, zu bestimmen, welche Be- 
hörde ihn im einzelnen Fall zu vertreten hat. 
8 34. 5) Die Vorrechte des Gesandten. 
I. Die Unverletzlichkeit. Sie ist das älteste, schon im Altertum vielfach an- 
erkannte Vorrecht. Sie hatte besondere Bedeutung, solange die Pflicht zum Schutz aller fremden 
Staatsangehörigen nicht anerkannt war. Sie macht noch heute jeden Angriff des Empfang- 
staats gegen die Person des Gesandten zu einem rechtswidrigen. Infolgedessen darf der Ge- 
sandte nicht zum Gegenstand einer Repressalienhandlung gemacht werden (& 560), es sei denn, 
daß mit ihr gerade die dem eigenen Gesandten zugefügte Rechtswidrigkeit erwidert werden
	        
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