Full text: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

52 F. Wachenfeld. 
Leid als solches zu empfinden braucht. Sie setzen die Behauptung oder Verbreitung ver- 
ächtlich machender oder in der öffentlichen Meinung herabwürdigender Tatsachen voraus, lassen 
also die abfällige Beurteilung nicht genügen. Untereinander unterscheiden sie sich dadurch, 
daß die Verleumdung erst bei einer dem Täter bewußten Unwahrheit jener Tatsachen, üble 
Nachrede aber schon dann vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen nicht bewiesen werden 
können. Es tritt also sogar Strafe ein, wenn die Außerung der Wahrheit entspricht. Man 
soll eben nicht anderen vorsätzlich Böses nachsagen, wenn man es nicht zu beweisen vermag. 
Gelingt der Beweis, so ist dennoch eine Strafe nach § 185 StGB. verwirkt, wenn die Außerung 
in ungehöriger Form geschah. 
II. Kreditgefährdung. Mitten in die Bestimmung über die Verleumdung ist 
die sog. Kreditgefährdung eingeschaltet (§ 187 St GB.), d. i. die Behauptung oder Verbreitung 
von Tatsachen, welche den Kredit jemandes zu gefährden geeignet sind. Dieses Delikt befindet 
sich an unrichtiger Stelle, da es kein Verbrechen gegen die Ehre, sondern gegen das Vermögen 
bildet. Aus diesem Grund versteht es sich von selbst, daß das Objekt desselben auch eine juristische 
Person sein kann. — Ein der Kreditgefährdung verwandtes, aber bereits klar als Vermögens- 
delikt bezeichnetes Vergehen enthält § 7 Ges. zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs vom 
27. Mai 1896. 
III. Beschimpfung Verstorbener (5 189 StGGB.). Gleichfalls in der äußeren 
Form eine Art Verleumdung, in Wahrheit aber ein besonderes Delikt ist die Beschimpfung 
des Andenkens Verstorbener. Daß ein Verstorbener nicht beleidigt werden kann, sollte füglich 
keinem Zweifel unterliegen. Gewöhnlich nimmt man denn auch an, daß mit der Beschimpfung 
die überlebenden Angehbörigen verletzt werden. Es handelt sich hier um eine Art indirektei 
Beleidigung. Dies erhellt aus der Tatsache, daß die Beschimpfung nur so lange gestraft werden 
kann, als Eltern, Kinder oder Ehegatten des Verstorbenen am Leben sind. Ledigl ich durch zwe 
Punkte bekommt sie ein besonderes Gepräge: einmal dadurch, daß die Beschimpfung des Ver- 
storbenen immer und ohne weiteres als Beleidigung des nächsten Angehörigen angesehen wird, 
und ferner dadurch, daß derjenige, auf welchen das beleidigende Wort Bezug hat, bereits ver- 
storben und dies dem Täter bekannt ist. Daß letzterer trotz der Kenntnis Schmähendes sagt, 
ist besonders nichtswürdig. Darum bezeichnet auch das Gesetz seine Handlung nicht als Be- 
leidigung, sondern als Beschimpfung. Nicht will es damit zum Ausdruck bringen, daß in der 
äußeren Form eine Roheit zutage treten müsse. Jede verleumderische Außerung über einen 
Verstorbenen ist ein Beschimpfen, jede bekundet an sich schon eine Roheit der Gesinnung. 
§ 32. Verbrechen gegen das Vermögen. 
Die Vermögensdelikte richten sich entweder gegen das Vermögen überhaupt oder speziell 
gegen Sachen. In ersterer Beziehung sind sie verschieden, je nachdem der Täter sich um eines 
Vorteils willen oder ohne solche Absicht an fremdem Vermögen verging, in letzterer Beziehung, 
je nachdem er es auf Aneignung oder Beschädigung von Sachen abgesehen hatte. Wir stellen 
die zweite Gruppe voran. 
A. Verbrechen an Sachen. 
a) Aneignungsdelikte. 
I. Diebstahl. Die Grundform der Verbrechen gegen fremdes Eigentum ist der 
Diebstahl. Nach heutigem Recht ist er kein Bereicherungsdelikt und bedeutet die Wegnahme 
einer fremden beweglichen Sache in der Absicht rechtswidriger Zueignung (§ 242 St G.). 
Objekt des Diebstahls ist eine Sache, kein Recht. Der sog. literarische Diebstahl führt 
also seine Bezeichnung mit Unrecht. Die Sache muß eine körperliche, d. h. raumerfüllende 
sein, kann sich aber in beliebigem Aggregatzustand befinden. Verbrauch fremden Leuchtgases 
ist daher auch Diebstahl. Doch fällt nicht unter den Begriff der Sache eine Kraft, wie Dampf- 
und Wasserkraft. Ob die Elektrizität als Sache und damit als geeignetes Objekt des Diebstahls 
oder als Kraft anzusehen ist, bleibt theoretisch eine streitige Frage, deren Entscheidung zunächst
	        
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