Völkerrecht. 543
mandant ist indessen zur Gewährung eines Asyls ebensowenig berechtigt wie der Gesandte in
seinem Hotel. Haben Verbrecher sich auf das Schiff geflüchtet, so muß er sie auf Verlangen.
der Uferbehörden ausantworten oder zum mindesten wegweisen. Die Gewährung eines A#yls
auf dem Kriegsschiff wird nur in drei Fällen, und auch in diesen bei weitem nicht allgemein, für
zulässig erachtet: 1. wenn der Flüchtling Untertan des Flaggenstaats ist; 2. wenn er sich der-
Sklaverei entziehen will; 3. in Amerika, wenn er wegen politischer Verbrechen verfolgt wird,
namentlich bei Gelegenheit von Aufständen im Uferstaat. In diesem dritten Fall ist die Asyl-
gewährung so häufig vorgekommen, daß man wohl von einer beständigen Praxis sprechen darf.
§ 44. 3. Die Luftschiffe.
Literatur. Bgl. zu §& 18, ferner: Rev. Gén. 18 628, 684, 19 414 über die Arbeiten des.
Institut de droit international und Über die Beschlüsse der internationalen juristischen Luftschiff-
fahrtskongresse; Atti e relazioni des Veroneser 1. congresso giuridico internazionale per ül regola-
mento della locomozione asrea 1910, Verona 1911; Reglements einzelner Staaten im Anhang.
von Kohlers Luftfahrtrecht.
Völkerrechtliche Regeln über die Behandlung der Luftschiffe sind unerläßlich, aber trotz-
privater Vorarbeiten auf der Pariser diplomatischen Konferenz 1911 noch nicht zur Ausbildung
gelangt. Als vorbildlich gilt das Seeschiffsrecht. Der Unterschied zwischen MilitärlStaats--=
und Privatschiffen besteht auch hier. Luftschiffe bedürfen wie Seeschiffe der Nationalität, d. h.
der Unterstellung unter Schutz und Herrschaft des Flaggenstaats. Ihre Nationalität und ihren
Charakter müssen sie bei Tag und bei Nacht durch bestimmte Signale ausweisen. Mit dem Ein-
tritt in fremdstaatlichen Luftraum geraten Privatluftschiffe gleichfalls unter die Herrschaft der-
Territorialgewalt; doch sind deren Rechte und die des Flaggenstaats gegeneinander abzugrenzen.
Über die Zulassung ausländischer Luftschiffe in den staatlichen Luftraum vgl. §J 20 IV. Erforder-
lich ist endlich die Ausbildung eines Luftstraßenrechts, die Regelung des Ausweichens und des.
Verhaltens bei unsichtigem Wetter.
Zweites Kapitel: Das Obligationsrecht.
#s 45. A. Allgemeine Lehren.
Literatur. llinek: Die rechtliche Natur der Staatenverträge, Wien 1880; Stoerk:
Staatsverträge, in v. Stengels Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts, Bd. II; Nippold:
Der völkerrechtliche Bertrag, seine Stellung im Rechtssystem und seine Bedeutung für das inter-
nationale Recht, Bern 1894; Cavaglieri: La funzione della clausola „zebus sic stantibus“ nei
trattati internazionali, Archivio giuridico, 1903; Bruno Schmidt: Über die völkerrechtliche clausula
rebus sic stantibus, Leipzig 1907; Jacomet: La guerre et les traits, Paris 1909; Philippson:
The effect of war on contracts, London ; Cavaretta: Lo stato di necessita nel diritto inter-
nazionale, Palermo 1910; Billerbeck: Der Einfluß des Kriegsbeginns und des Friedensschlusses
auf die zwischen den kriegführenden Staaten vor dem Ausbruch des Krieges geschlossenen Ber-
träge, Diss., Breslau 1911; Erich Kaufmann: Das Wesen des Völkerrechts und die clausula rebus.
sio stantibus, Tübingen 1911; ; Reinsch a. a. O. 169 ff.; ArchOff#sK. r“5p4 569; 3 BölkR. 4 449; Rev.
19 37, 23 188, 590, 25 213, 2. 204; Rev. 22 17 6:; Rivista 6 398
I. Obligationen sind Rechtsverhältnisse, „deren Inhalt in dem Unspruch auf eine Leistung
gegen eine oder einzelne bestimmte Personen oder in den Ansprüchen der Parteien auf gegen-
seitige Leistung besteht“ (Kipp). Dieser im Privatrecht ausgebildete Begriff der Obligation
ist auch für das Völkerrecht anzuerkennen. Als Gläubiger und Schuldner kommen nur
Staaten in Betracht. Die Leistung ist entweder ein Tun oder ein Dulden oder ein Unter-
lassen. Vermögenswert ist nicht erforderlich. Es gibt aber rein völkerrechtliche Obligationen,
die lediglich auf Geldzahlungen gerichtet sind, so Schadensersatzforderungen aus unerlaubten
Handlungen.
II. Durch Vertrag werden nur die Vertragsparteien selbst, d. h. die Staaten, berechtigt
und verpflichtet, nicht aber ihre Organe und Untertanen. Dritte, am Vertragschluß nicht teil-
nehmende Staaten werden durch ihn grundsätzlich nicht berührt. Sollen die Wirkungen eines.