560 Paul Heilborn.
8 61. 4. Das Kriegsfeld.
Literatur. Boeckner: Der Kriegsschauplatz, Berlin 1911; Rev. 4 660.
Kriegsfeld, Kriegsschauplatz, Kriegstheater ist derjenige Teil der Erde, auf welchem Krieg
geführt wird. Krieg darf geführt werden: 1. auf dem Land--, Luft= und Wassergebiet der krieg-
führenden Staaten; 2. auf offenem Meer, denn es gehört niemand. Auf dem Land-, Luft-
und Wassergebiet der neutralen Staaten darf dagegen keine Kriegshandlung vorgenommen
werden. — Das Kriegsfeld kann durch Vertrag beschränkt werden:
1. durch Übereinkommen der kriegführenden Staaten, daß der Krieg nur auf bestimmten
Gebietsteilen geführt oder auf ihnen nicht geführt werden darf. Versailler Waffenstillstand
vom 28. Januar 1871 Art. 1 Abs. 7 (Martens NRG. 1° Ser. 19 626). Vgl. Kongoakte vom
26. Februar 1885 Art. 11 (Fleischmann 200);
2. durch dauernde Neutralisierung bestimmter Gebietsteile: die Vertragsparteien ver-
zichten ein für allemal darauf, militärische Operationen auf diesem Gebiet oder gegen dasselbe
zu untemehmen; es ist so zu betrachten, als ob es einem neutralen Staat gehörte.
a) Chablais und Faucigny, Wiener Kongreßakte v. 9. Juni 1815 Art. 92; b) das Schwarze
Meer, Pariser Kongreßakte v. 30. März 1856 Art. 11, Londoner Vertrag v. 13. März 1871 Art. 1;
c) die von der europäischen Donaukommission an der unteren Donau geschaffenen, die von der
nicht ins Leben getretenen Kongokommission am Kongo zu schaffenden Werke und Anlagen, Schiff-
fahrtsakte für die Donaumündungen v. 2. Nov. 1865 Art. 21, zit. Londoner Vertrag Art. 7, Kongo-
akte Art. 25; d) der Suezkanal, Konstantinopeler Vertrag v. 29. Okt. 1888; e) der Panamakanal,
Vertrag v. 18. Nov. 1901 (Fleischmann 14, 52, 93, 75, 205, 220, 321); s) Korfu und Paxo, Bertrag
v. 29. Märh 1864 Art. 2; 8) Magalhaesstraße, Vertrag v. 23. Juli 1881 Art. 5 (Martens NRG.
1° Ser. 18 63, 2° Ser. 12 491).
#§s 62. II. Beginn des Krieges.
Literatur. Maurel: La déclaration de guerre, Paris 1907; Gregory: Interest on debts
where intercourse between debtor and creditor is forbidden by a state of war, London 1909;
* imoura: La déclaration de guerre, Paris 1912; Rev. 17 19, 37 517; Rev. Gén. 13 725, 14
Ivista 1 185.
I. Eine Ansage des Krieges vor Eröffnung der Feindseligkeiten, Kriegserkläumg im
technischen Sinne — bedingt in Form des Ultimatums — wurde in manchen Jahrhunderten
für erforderlich erachtet, bildete auch in neuerer Zeit die Regel, galt aber nicht als unerläßlich.
Die Absicht, mit dem anderen Staat Krieg führen zu wollen, konnte auch durch Eröffnung der
Feindseligkeiten kundgegeben werden: Einmarsch Friedrichs des Großen in Sachsen 1756, eng-
lische Praxis. Das Haager Abkommen über den Beginn der Feindseligkeiten schreibt eine
vorausgehende, unzweideutige Benachrichtigung in Form einer motivierten oder einer be-
dingten Kriegserklärung vor.
II. Sobald die Kriegserklärung überreicht bzw. unbedingt geworden ist, treten die eigen-
tümlichen Normen des Kriegsrechts für das Verhältnis der kriegführenden Staaten in Kraft;
durch sie werden die mit ihnen unvereinbaren Normen des Friedensrechts, — aber auch nur
sie, — für die Dauer des Krieges außer Anwendung gesetzt. — Das Neutralitätsrecht erlangt
Geltung, sobald die neutralen Staaten vom Kriegszustand Kenntnis gewonnen haben (vgl. § 60).
III. Der Beginn des Krieges zieht regelmäßig eine Reihe landesrechtlicher Maßnahmen
nach sich: Rückberufung der Untertanen, Beschränkungen der Auswanderungsfreiheit, des
Handels mit dem feindlichen Land, Ausfuhwerbote. Letztere können auch den Handel mit
neutralen Staaten treffen und sind trotz der Vertragsbeziehungen mit Rücksicht auf den Not-
stand (§ 51 III) statthaft.
IV. Im Verhältnis der kriegführenden Staaten untereinander hört der diplomatische
und meist auch der konsulare Verkehr auf. Aber nicht alle Rechtsbeziehungen erlöschen. Ins-
besondere werden die Untertanen des Feindes nicht rechtlos. Sie werden dem Schutz eines
befreundeten Staats unterstellt (S 48). Ihre Person und ihre Rechte sind nach wie vor zu
schützen. Ihre Ausweisung gilt als zulässig (Frankreich 1870, Türkei 1897, 1912). Sofem