Völlerrecht. 567
Eigentum des feindlichen Staats darf im übrigen nur benutzt, aber nicht angeeignet und, von
den militärischen Operationen abgesehen, weder beschädigt noch zerstört werden.
Eingriffe in das Privateigentum sind zulässig in Form von Requisitionen und Kontribu-
tionen ((ibid. 49/52). Die Zulässigkeit ergibt sich aus der Kriegsnotwendigkeit; die Maßregeln
dürfen nur mit Ermächtigung des Befehlshabers und nicht zum Zweck der Bereicherung oder
zur Schädigung der Bevölkerung des feindlichen Landes vorgenommen werden.
1. Requisitionen: Natural= und Dienstleistungen können von Gemeinden oder Einwohnem
nur für die Bedürfnisse des feindlichen Heeres gefordert werden. Sie dürfen für die Bevölkerung
nicht die Verpflichtung enthalten, an Kriegsunternehmungen gegen ihr Vaterland teilzunehmen.
Naturalleistungen sind so viel wie möglich bar zu bezahlen; andermfalls sind dafür Empfangs-
bescheinigungen auszustellen.
2. Kontributionen, Zwangsauflagen, kommen vor als Kriegssteuer und als Strafgelder
bei Verletzungen des Kreegsrechts. Über jede Zwangsleistung ist eine Empfangsbescheinigung
auszustellen.
Den Regquisitionen und Kontributionen wie auch der Einquartierungslast sind die Be-
wohner des feindlichen Landes unterworfen, gleichviel ob sie Untertanen des feindlichen oder
eines neutralen Staats sind.
III. Das feindliche Vermögen im Seekrieg.
Literatur. Perels: Die nordamerikanische Instruktion fürs Blockdeschiffe und Kreuzer
Marine-Rundschau 1899 Heft 8/9; Holland: A manuel of naval prize law, London 1888; Noral
war code der Vereinigten Staaten von Amerika von 1900 (Böhmsz. 11 z86); Duboc: Te droit
de visite et la guerre de course, Paris 1901; Röpcke: Das Seebeuterecht, beipzi 1904; Giordana:
Le proprietaà privata nelle guerre marittime, Turin-Rom 1907; Bentwich: The law ef private
property in war, London 1907; Niemeyer: Prinzipien des Seekriegsrechts, Berlin 1909, Das
Seekriegsrecht nach der Londoner Deklaration, Berlin 1910; Bernsten: Das Seekriegsrecht, Herlin
1911; Pohl: Deutsche Prisengerichtsbarkeit, Tübingen 1911:z Hirschmann: Das internationale
risenrecht, München 1912; BöhmsZ. 12 51, 17 303, 21 123; Z BölkR. 2 144; Rev. 39 149. —
amer: Die unterseeischen Telegraphenkabel in Kriegszeiten, Leipzig 1903; Scholz: : Krieg und
Seekabel, Berlin 1904; Jouhannaud: Cäbles sous-marins, Paris 1904; uculin: 1 cavi sotto-
marini e il telegrafo senza filo nel diritto di erra, Rom 1907; Archo R. 15 414; Böhmsg.
14 382, 17 160; ZBölkR. 6 Beiheft 2; Rev. Gén. 8 681.
Der Seekrieg wird auf offenem Meer und in den Gewässem der kriegführenden Staaten
geführt. Hier gilt das Beuterecht; ihm ist das feindliche Staats- und Privateigentum unter-
worfen. Feindliches Privateigentum sind:
1. die feindlichen Kauffahrteischiffe, d. h. Schiffe, welche laut Zertifikat zur Führung
der feindlichen Flagge berechtigt sind (Londoner Erklärung 57). Die bisherige englisch-ameri-
kanische Praxis zählte hierher auch Schiffe, die ganz oder zum Teil im Eigentum von Angehörigen
des Gegners oder von Bewohner seines Gebiets standen. Der neutrale oder feindliche Charakter
eines Schiffs bestimmt sich nach seiner Nationalität zur Zeit der Anhaltung durch einen Krieg-
führenden. Nach englisch-amerikanischer Praxis war es den Neutralen nicht verwehrt, Schiffe
zu kaufen, die bisher in feindlichem Eigentum standen. Nur mußte der Kauf emsthaft sein;
das Gegenteil wurde vermutet. Die französische Praxis erkannte dagegen nur die vor Beginn
des Krieges erfolgte Eigentumsübertragung an. Die Londoner Erklärung 55/56 erkennt den
UÜbergang zur neutralen Flagge an, wenn er nicht herbeigeführt ist, um den mit der Eigen-
schaft eines feindlichen Schiffs verbundenen Folgen zu entgehen; die Beweislast ist ein-
gehend geregelt. — Der Wegnahme sind nicht unterworfen: Kartellboote, Lazarettschiffe,
mit religiösen, wissenschaftlichen oder menschenfreundlichen Aufgaben betraute Schiffe, aus-
schließlich der Küstenfischerei oder der kleinen Lokalschiffahrt dienende Fahrzeuge (11° Haager
Abkommen 3, 4);
2. die auf feindlichem Schiff befindliche feindliche Ware. Die feindliche oder neutrale
Eigenschaft der Ware an Bord eines feindlichen Schiffs bestimmt sich nach der Eigenschaft des
Eigentümers; keine Einigung wurde bisher darüber erzielt, ob für die feindliche oder neutrale
Eigenschaft des Eigentümers die Staatsangehörigkeit oder der Wohnsitz maßgebend sein soll.
Die feindliche Eigenschaft der Ware wird vermutet (Londoner Erklärung 57/60). — Mit Aus-