fullscreen: Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung. Fünfter Band. (5)

264 Heinrich Dietz. 
entschieden, auch wenn schon einer seiner Untergebenen der Regel nach zuständig wäre (Bei- 
spiel: innerhalb des Regiments entscheidet stets der Regimentskommandeur). Eine wichtige 
Abweichung von der BO. II besteht darin, daß bei jeder Beschwerde (Ausnahme: weitere Be- 
schwerde und solche Beschwerde, die eine verhängte Disziplinarstrafe oder deren Vollstreckung 
zum Gegenstande hat) eine dienstliche Vermittlung in Anspruch genommen werden muß, damit 
der verklagte Vorgesetzte Gelegenheit erhält, unbewußt oder in der Übereilung zugefügtes 
Unrecht sofort abzustellen oder auszugleichen. Der Vermittler ist bei Beschwerden der Offizier 
und gegen Offiziere stets ein Offizier, bei Sanitätsoffizieren ein Sanitätsoffizier oder, wenn 
ein solcher fehlt, ein Offizier, in der Regel ein älterer, erfahrener, unter dem Range des Ver- 
klagten stehender und von demselben Truppenverbande (derselben Behörde) wie der Beschwerde- 
führer oder der Verklagte. Der um Vermittlung Angegangene muß sie grundsätzlich übernehmen 
und sich genau über die Beschwerdepunkte unterrichten lassen; er darf nur dann die Vermittlung 
ablehnen, wenn er die Beschwerde in allen Punkten für vollkommen unbegründet oder die 
Verletzung für so schwer ansieht, daß sie im Wege der Vermittlung nicht zu beseitigen ist. Über 
sein Verhalten sind eingehende Vorschriften erlassen; Wahl und Benachrichtigung des Ver- 
mittlers sind an bestimmte Vorgesetzte zu melden. Der Verklagte muß den Vermittler bestimmt 
bescheiden; findet er keine Ursache, die Veranlassung zur Beschwerde zu beseitigen, so wird die 
Beschwerde dem zur Entscheidung zuständigen Vorgesetzten mündlich oder schriftlich vom Be- 
schwerdeführer vorgetragen. 
Ziffer 4. Zurücknahme der Beschwerde. 
Die Beschwerde kann (nach allen BO.en) jederzeit — vor Zustellung einer Entscheidung — 
zurückgezogen werden; es ist das nicht ausdrücklich gesagt, ergibt sich aber schon aus dem Wesen 
der Beschwerde. 
Ziffer 5. Aufklärung des Sachverhalts. 
Der zur Entscheidung berufene Vorgesetzte hat die Sachlage durch mündliche oder 
schriftliche Erhebungen (keine gerichtliche Zeugenvernehmungen), nach BO. I auch durch 
Berichterstattung der Beteiligten zu klären; BO. l sieht auch protokollarische Vermehmung 
der Beteiligten und Zeugen durch einen dem Verklagten im Range nahestehenden 
Offizier vor, wenn durch die Berichterstattung die Sachlage nicht genügend geklärt ist. Eine 
Einwirkung auf den Untergebenen behufs Zurückziehung der Beschwerde ist untersagt. (§58 117 
MSt G., der auch die Unterdrückung der Beschwerde unter Strafe stellt). Doch sind die Vor- 
gesetzten verpflichtet, den Beschwerdeführer über etwaige unrichtige Rechtsauffassung oder 
unrichtige dienstliche Anschauung zu belehren: keine Pflicht, sich dieser Belehrung anzupassen. 
Nach BO. I ist der Vermittler, wenn er die Beschwerde in allen Punkten für vollkommen 
unberechtigt hält, verpflichtet, dem Beschwerdeführer von der Einreichung der Beschwerde ab- 
zuraten. 
Ziffer 6. Die Entscheidung. 
Die Entscheidung muß so schnell getroffen werden, als die für die Beurteilung der Be- 
schwerde unerläßliche Sorgfalt es gestattet. Jede Entscheidung ist schriftlich abzufassen und 
aufzubewahren. Die wesentlichen Entscheidungsgründe müssen dem Kläger und dem Ver- 
klagten mitgeteilt werden, nach BO. schriftlich, nach BO. II mündlich oder schriftlich. 
Ziffer 7. Weitere Beschwerde. 
Gegen die Entscheidung ist weitere Beschwerde zulässig; sie steht dem Kläger und Ver- 
klagten zu; sie richtet sich äußerlich gegen den, der entschieden hat. Der Instanzenzug läuft 
durch die ganze Reihe der Disziplinarvorgesetzten in allen Fällen bis zur allerhöchsten Stelle 
(großer Kräfteaufwand, aber von idealer und auch sachlicher Bedeutung). Die Vermittlung nach 
B. I fällt stets weg.
	        
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