Full text: Preußisches Staatsrecht.

106 $ 4. Der preuß. Einheitsstaat als konstit. Monarchie. 
daß sie auch in neu einverleibtem Gebiet ohne Neu- 
publikation Geltung gewannen. Durchbrechungen dieses 
Prinzips der Einheit des preußischen Staatsrechtes 
mußten sich als vom Gesetzgeber direkt angeordnet 
legitimieren können. Nun wurde allerdings durch $ 15 
Verordnung vom 15. April 1848, betr. das Verfahren bei 
politischen und Preßvergehen in der Rheinprovinz, die 
Kabinettsordre vom 6. März 1821 formell dem ganzen 
Umfange nach aufgehoben. Trotz dieser Beseitigung 
der formalgesetzlichen Unterlage, welche bisher das 
Prinzip der Einheit des preußischen Staatsrechtes be- 
sessen, behielten aber die einzelnen staatsrechtlichen 
Normen, welche bisher zwingende Einheitskraft ge- 
wonnen, letztere selbstverständlich weiter. Alsbald 
fand sich auch eine neue formalgesetzliche Unterlage 
für das Prinzip der Einheit des preußischen Staats- 
rechtes ein. Das waren die beiden Verfassungen vom 
5. Dezember 1848 und 31. Januar 1850, welche alles, 
was an Land und Leuten zum preußischen Einheits- 
staat gehörte, in ihren Bannkreis hineinzogen (Art. 1, 2) 
und — zumal nach der formellen Charakterisierung der 
Verfassung vom 31. Januar 1850 als „Staaatsgrund- 
gesetz“ — unzweifelhaft die Bestimmung besaßen, in 
Zukunft die prinzipiell leitende Richtschnur 
für die Rechtsgestaltung des zur konstitutionellen 
Monarchie gewordenen preußischen Einheitsstaates dar- 
zustellen. Wegen dieses Charakters namentlich der 
Verfassung vom 31. Januar 1850 kam auch den einzelnen 
Bestimmungen derselben unzweifelhaft an sich Einheits- 
kraft in dem Sinne zu, daß sie in neu einverleibtem 
Gebiet unmittelbar mit der Publikation und Vollziehung 
der Einverleibung verbindlich wurden, ohne daß an 
sich eine besondere Publikation der Verfassungs- 
urkunde nötig war. Und das gleiche fand auch in 
konstitutioneller Zeit mit solchen vorkonstitutionellen 
Rechtsnormen statt, welche die Verfassung vom 31. Jan.
	        
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