Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 5. Preußen als Gliedstaat 253 Deutschen Reiches. 111 
Personen (und Vereinigungen von solchen) Handlungen, 
Unterlassungen und Leistungen zu befehlen und sie 
eventuell zur Befolgung dieser Befehle zu zwingen. In 
Anwendung auf den Gesamtverband Deutsches Reich“ 
und seine Glieder, die einzelnen deutschen Staaten, kon- 
statiert man, daß beide Teile nach dem objektiven Befund 
der Institutionen sich auch je im Besitz einer originären, 
eigenständigen Herrschermacht befinden, wobei jedoch 
die Herrschermacht des Reiches die höhere, mithin 
„souveräne“ gegenüber der Herrschermacht der einzelnen 
Gliedstaaten sei. 
Daß der Reichswille der höhere gegenüber dem 
Willen der deutschen Gliedstaaten, mithin auch Preußens 
ist, ergibt nicht nur der im Art. 2 R.V. anerkannte 
Grundsatz „Reichsrecht bricht Landesrecht“, sondern 
namentlich auch die im Art. 78 dem Reich verliehene 
„Kompetenz--Kompetenz“ d. h.. die Rechtsmacht des 
Reiches, seine Zuständigkeit auch gegenüber der Rechts- 
sphäre der deutschen Gliedstaaten durch eigene selb- 
ständige Willensentschließung — durch eine „im Wege 
der Gesetzgebung“ des Reiches erfolgende Veränderung 
der Verfassung — zu regulieren und eventuell zu er- 
weitern. Allerdings soll der Entwurf eines verfassungs- 
ändernden Gesetzes als abgelehnt gelten, wenn im 
Bundesrat 14 Stimmen dagegen sind, und demgemäß 
ist Preußen mit seinen 17 Stimmen im Bundesrat jeder- 
zeit in der Lage, ein verfassungsänderndes Reichsgesetz 
zu verhindern. Aber die Vorschrift, daß bei 14 ab- 
lehnenden Bundesratsstimmen jede Veränderung der 
Reichsverfassung unterbleiben soll, ist nur als politische 
Sicherungsmaßregel gedacht und hat rechtlich durchaus 
nicht die Bedeutung einer Selbständigmachung glied 
staatlichen Willens gegenüber dem Reichswillen, ins- 
besondere läßt sich daraus in keiner Weise rechtlich 
des Fortbestehen der „Souveränetät“ Preußens her- 
leiten. Innerhalb des in der Abstimmung begriffenen 
Bundesrates steht nicht Reichswille und gliedstaat- 
licher Wille einander gegenüber, sondern nur der Wille
	        
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