124 $ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung
anerkannte Verfassung des preußischen Staats der
darin angeordneten Revision unterworfen sei, die
Verfassung in Übereinstimmung mit beiden
Kammern endgültig festgestellt habe“ — so ist das
politisch, wenn auch nicht rechtlich, durchaus geeignet,
die Illusion eines vertragsähnlichen Weges für das
Zustandekommen des preußischen Staatsgrundgesetzes
zu erwecken. Andererseits ergibt der positive Ver-
fassungstext zur Genüge, daß die daselbst vorkommen-
den Begriffe der vollziehenden, gesetzgebenden und
richterlichen Gewalt als Elemente des Oberbegriffes
der „Regierung“ (im weiteren Sinne) gedacht werden.
Der weitere Regierungsbegriff erscheint sowohl im
Art. 4: „Alle Regierungsakte des Königs“, wie im
Art. 54 („in Übereinstimmung mit der Verfassung und
den Gesetzen zu regieren“), Art. 56 („verhindert ist,
selbst zu regieren“), 57,58. Schon in vorkonstitutioneller
Zeit war der preußischen Theorie (Mirus, Preuß. Staats-
recht 1833), wie auch Praxis der weitere Regierungs-
oder Staatsverwaltungsbegriff (= Staatsgewalt in ihrer
Wirksamkeit überhaupt) nicht unbekannt. So sagt z.B.
der Gesetzrevisor (Pens. XII 18%): „Die Staatsgewalt
und die Ausübung derselben (die Staatsregierung) con-
centrirt sich in der Person des Landesherrn.“ Der
gesetzliche Titel für diesen Ausspruch des Gesetz-
revisors war aber $ 1, II 13 A.L.R., der denn auch die
Urvoraussetzung des preußischen Staatsgrundgesetzes
blieb. Indem nun aber die Art. 62, 86, 45 S. 1 rev. V.
weiter Modifikationen quoad exercitium zu $3 6, 7, II 13
bzw. $ 18, II 17 bzw. 8$ 2, 3, II 13 A.L.R. statuierten,
faßte der Verfassungsgesetzgeber die drei als Elemente
des allgemeinen Regierungs- oder Staatsverwaltungs-
begriffes gedachten Gewalten nicht etwa als Funktionen
rein formeller Natur auf, sondern setzte gerade einen
bestimmten, Inhalt an sich bei ihnen voraus. Das be-
stätigt deutlich wie der Wortlaut, so die Entstehungs-