$ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 127
Gesetzes zulässig“), teils an Art. 96 („Die Competenz
der Gerichte und Verwaltungsbehörden wird durch das
Gesetz bestimmt“.
Andererseits folgt aus der vom preußischen Ver-
fassungsgesetzgeber vorgenommenen Einbeziehung der
das Rechtsprechen vorbereitenden Funktionen in
den Begriff der richterlichen Gewalt, daß derselbe die
„vollziehende“ Gewalt sich nicht schlechthin als die
eigentliche Befehlsgewalt im Staat gedacht hat, von
welcher Anschauung aus man in der deutschen Publi-
zistik zum Teil eben auch die Vorbereitung des Recht-
sprechens der Sphäre der „regierenden“ (vollziehenden)
Gewalt zugewiesen hatte. Der preußische Verfassungs-
gesetzgeber gab vielmehr durch Prägung des Art. 86
seiner prinzipiellen Auffassung Ausdruck, daß zum
Begriff der sich als richterliche „Gewalt“ äußernden
Staatsfunktion auch eine bestimmte vorbereitende
Prozedur gehöre, und das Vorwalten einer analogen
Überzeugung des preußischen Verfassungsgesetzgebers
jedenfalls hinsichtlich des Begriffs der gesetzgebenden
Gewalt erhellt schon aus den von ihm gebrauchten
Ausdrücken: „Weg der Gesetzgebung“ (Art. 27) und
„ordentlicher Weg der Gesetzgebung“ (Art. 107).
Welche einzelnen Tätigkeitsakte nun der preußische
Verfassungsgesetzgeber als dem Begriff der gesetz-
gebenden Gewalt an sich immanent angesehen, kann
nicht zweifelhaft sein. Zunächst bezeichnet Art. 62
S. 1 als die drei zur „gemeinschaftlichen Ausübung“
der gesetzgebenden Gewalt berufenen Faktoren — oder
nach einem in den Revisionskammern sich auch zeigen-
den Sprachgebrauch subjektiv als die drei „gesetz-
gebenden Gewalten“ — den König und die beiden
Kammern —, und Art. 64 schreibt dabei einem jeden Teil
gleichmäßig das „Recht zu, Gesetze vorzuschlagen“.
Doch nicht bloß das im gegenseitigen Verhältnis der
drei „gesetzgebenden Gewalten“ sich bekundende Recht