Full text: Preußisches Staatsrecht.

128 $ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung. 
des Gesetzesvorschlages erfolgt im Dienst der gesetz- 
gebenden Gewalt an sich, sondern hierzu gehört nach 
Ansicht des preußischen Verfassungsgesetzgebers offen- 
bar auch die einen Gesetzesvorschlag vorbereitende 
Tätigkeit im Schoße der beiden Kammern, und analog 
muß demnach auch diejenige Staatstätigkeit, welche im 
Auftrage des Königs einen Gesetzentwurf behufs Vor- 
lage an die Kammern vorbereitet, im Sinne des kon- 
stitutionellen preußischen Staatsrechtes als Bestandteil 
des „Wegs der Gesetzgebung* angesehen werden. 
Ferner ist nach Art. 62 S. 2 die „Übereinstimmung des 
Königs und beider Kammern zu jedem Gesetz er- 
forderlich“: und hiernach fällt im Sinne der preußischen 
Verfassung die zur Herstellung dieses Effekts nötige 
Prozedur mit unter den Begriff der gesetzgebenden 
Gewalt. Das Erfordernis der Übereinstimmung von 
König und Kammern nach Art. 62, S. 2 bezieht sich 
jedoch nicht auf die „Sanktion“. Das A.L.R. hatte 
selbst schon in Ansehung der Äußerungen der potestas 
legislatoria den Akt der Publikation ($ 10, 11 Einl.) von 
dem „Geben“ der Gesetze ($ 6, 7 „bewilligen“) gesondert 
und unter letzterem sowohl die definitive Feststellung 
der Gesetzesfassung, wie die „Sanktion“, die Erteilung 
des Gesetzesbefehls verstanden. Später gestanden 
auch die Provinzialstände trotz ihrer beratenden 
Stimme nach dem „Grundgesetz“ vom 5. Juni 1823 dem 
König die „Sanktion“ zu‘). Eine „Promulgation“ im 
Sinne eines besonderen „Befolgungsbefehls“ kannte 
aber die preußische über die Handhabung des Gesetz- 
gebungsrechtes bestimmende Gesetzgebung nicht, wenn- 
gleich bei einzelnen Gesetzgebungsakten Aussprüche, 
die einem „Befolgungsbefehl“ ähnlich sehen, nicht 
fehlen ?); an autoritativer Stelle gebrauchte man „Promul- 
gation“ und „Publikation“ als identische Begriffe. Indem 
!) Adresse des 8 Rhein. L.T. 2. April 1845. 
2) Vgl. Publ.Pat. 5. Februar 1794, Schluß.
	        
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