132 8 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung.
Gesetzgebung „Akte der Verwaltung“'), Doch für die
Religionsgesellschaften und geistlichen Gesellschaften
adoptierte man „verfassungsmäßig das Prinzip, daß die
allgemein gesetzlichen Vorschriften für die Erteilung
von Korporationsrechten nicht Anwendung finden, daß
vielmehr dazu das Zusammenwirken der legislativen
Gewalten in einem jeden einzelnen Fall erfordert
werden soll“. Dabei wurde konstatiert, „daß diese
Spezialgesetze sich mit Regulierung der Kultusverhält-
nisse der Religionsgesellschaften nicht befassen sollten,
vielmehr sich nur damit zu beschäftigen haben würden,
ob der betreffenden Gesellschaft die bürgerlichen
Rechte einer moralischen Person und Korporation zu
erteilen seien“ ®).
Der erst im letzten Stadium der Verfassungsrevision
infolge einer Proposition der Staatsregierung angefügte
S. 3, Art. 62: „Finanzgesetzentwürfe und Staatshaushalts-
etats werden zuerst der II. Kammer vorgelegt; letztere
werden von der I. Kammer im ganzen angenommen
oder abgelehnt“, fällt freilich — abgesehen von der
daselbst statuierten Modifikation des im allgemeinen
geltenden „Weges der Gesetzgebung“ — in gewissem
Sinne aus dem Rahmen des Gesetzesbegriffes hinaus,
den an sich die als sedes materiae erscheinenden
S. 1 und 2, Art. 62 voraussetzen — insofern nämlich,
als der S. 3 auch gewisse nur „im Wege der Gesetz-
gebung“ zustande kommende Akte der „vollziehenden
Gewalt“ trifft. Schon die angeführte Äußerung Welckers
verlangte von der Gesetzgebung das gesetzliche Aus-
sprechen „der rechtlichen und sonst notwendigen
festen Normen“ für das Handeln der Regierung und
der Bürger und deutete damit, wenn auch an sich die
1) I. Kammer 773, 775.
2) II. Kammer 1761.
g 40) Il. Kammer 934. S. Archiv f. bürg. Recht, Bd. 33,