146 $ 6. Die drei Gewalten der preußischen Verfassung.
die am 1. Oktober 1879 in Kraft tretende Reichsjustiz-
gesetzgebung bereitete diesem königlichen Bestätigungs-
recht ein Ende.
Wie schon im A.L.R., bedeutet übrigens ausnahms-
weise „Gesetz“ auch an einzelnen Verfassungsstellen
schlechthin „Rechtsnorm“, mit Einschluß der Ge-
wohnheitsrechtsnorm (Art. 54, 58, 86, 109). Der Ausdruck
„Regierung“ aber geht mitunter nur auf die oberste
Staatslenkung, wie sie durch den König und die
amtierenden verantwortlichen Minister im Gegensatz
zu den „ausführenden Organen“ repräsentiert wird
(Art. ®). Wie der gesetzgebenden Gewalt des Art. 62
an sich auch die Privilegien- und Dispensationsgewalt
inhäriert, so kann auch eine nach Art. 63 „mit Gesetzes-
kraft“ ergehende Notverordnung Privilegien und Dis-
pensationen statuieren. Dagegen besitzt der König in
seinem Rechtsverordnungsrecht intra legem nach
Art. 5, S. 3 mit Bezug auf individuell bestimmte
Personen kein Mittel, Exemptionen (Privilegien und
Dispensationen) von dem Gehorsamszwang der mit
juristischer Selbständigkeit begabten objektiven Rechts-
normen zu gewähren).
Während der Verfassungsrevision stellte namentlich
Abg. Simson das Wesen der gesetzgebenden und der
richterlichen Gewalt mit besonderer Klarheit dergestalt
einander gegenüber, daß „die Aufgabe des Richeramtes
die sei, eine vorhandene Rechtsregel, meist auf Anrufen
verletzter Personen, ausnahmsweise von Amts wegen,
auf einen einzelnen Fall anzuwenden, das Faktum unter
das Jus zu subsumieren“, wogegen es der gesetz-
gebenden Gewalt zustehe, „die Bedingungen aus-
zusprechen und herbeizuführen, unter denen etwas als
Gesetz, d. h. als Recht, verbindliche Norm im Staate
‚U Vgl. Art. 45, S. 3. Verfassungsentwurf der Kom-
mission der N.V. und Motive dazu; Rauer, 8. 112, 129.