$ 7. Das Staatsgebiet. 149
Die „staatsgrundgesetzliche“ Bedeutung des Tit. I
rev. V. „vom Staatsgebiet“ liegt vor allem darin, daß
er dem preußischen Staatswesen — freilich unter Bei-
seitelassung des selbständigen Neuenburg — endgültig
das Siegel eines absoluten Einheitsstaates aufprägte —
analog dem Ausspruch französischer Konstitutionen,
daß la Republique francgaise est une et indivisible.
Dies war um so nötiger, als ungeachtet der seit 1807
in den preußischen Landen eingeführten objektiven
Institutionen, welche dieselben statt der bisherigen Zu-
sammenfassung zu einem Gesamtstaat zu einem Einheits-
staat stempelten, doch Stimmen, wenn auch vereinzelt,
nicht gefehlt hatten, welche die Existenz eines preußischen
Einheitsstaates überhaupt leugneten und nur von der
Fortdauer eines Gesamtstaates redeten. Noch in der
Mitte der vierziger Jahre sprach der gewesene Staats-
minister v. Kamptz mit Bezug auf die preußischen Lande
davon, daß ihr „Inbegriff den Gosamtstant des regierenden
Hauses bilde, der, da nicht alle nach und nach erworbenen
Länder dem Stammlande inkorporiert seien, nicht aus
einem Lande, sondern aus dem Komplex aller Länder be-
stehe“. Selbst der Regierungsverfassungsentwurf vom
20. Mai 1848 wollte gegen das Prinzip absoluter Staats-
einheit insofern verstoßen, als er von dem alle Landes-
tele der preußischen Monarchie in ihrem gegen-
wärtigen Umfange in sich aufnehmenden und der
Einheit einer förmlichen Konstitution unterstellten
„preußischen Staatsgebiet“ die „einer besonderen natio-
nalen Reorganisation und Verfassung vorbehaltenen
Teile des Großherzogtums Posen“ ausschließen wollte.
Doch schon der Verfassungsentwurf der Kommission der
N.V,. wollte von einer derartigen Sonderstellung Posens
nichts wissen. Die Kommission war der Ansicht, daß die
preußische Verfassung für den ganzen Staat gegeben
werden müsse, und motivierte — indem sie als Verfassungs-
bestimmung lediglich vorschlug: „Alle Landesteile der
Monarchie in ihrem gegenwärtigem Umfang bilden das
reußische Staatsgebiet“ Art. 1 — weiter: „Die nationale
Reorganisation im Großherzogtum Posen ıst noch nicht
ausgeführt: es konnte also daraus keine Veranlassun
entnommen werden, um diesen Landesteil von den Wohl-
taten der neuen Verfassung auszuschließen. Auch ist die
nationale Reorganisation des Großherzogtums Posen kein
Grund, um diesem Teile des preußischen Staatsgebietes
eine besondere Verfassung zu geben.“ Auch das Plenum
der N.V. hieß an sich den Standpunkt ihrer Kommission,