Full text: Preußisches Staatsrecht.

150 $ 7. Das Staatsgebiet. 
daß Posen zu dem einer Verfassungsurkunde unterstellten 
einheitlichen preußischen Staatsgebiet gehören müsse, 
gut und sah nur den Zusatz vor, daß ein gleichzeitig 
mit der Verfassungsurkunde zu erlassendes „organisches 
Gesetz“ den Bewohnern Posens die ihnen bei der Ver- 
bindung mit dem preußischen Staat eingeräumten be- 
sonderen Rechte näher festzusetzen habe. In den ent- 
gültig entscheidenden Verfassungsurkunden vom 5. Dez. 
1848 und 31. Jan. 1850 erhielt #ber Art. 1 nur die Fassung: 
„Alle Landestheile der Monarchie in ihrem gegenwärtigen 
Umfange bilden das preußische Staatsgebiet“ — ohne daß 
des Großherzogtums Posen besonders gedacht ward. Zwar 
wurde in den Revisionskammern von nationalpolnischer 
Seite behauptet, das Großherzogtum Posen müsse seit 
1815 rechtlich als einer „der vier aus dem ehemaligen 
polnischen-Reiche durch die Wiener Verträge geschaffenen 
Staatskörper* — neben dem Königreic olen, dem 
Königreich Galizien und der freien Stadt Krakau — an- 
gesehen werden. Doch scheiterte der von dieser Seite 
gemachte Versuch, die Revisionskammern zur Annahme 
eines Zusatzes zu Art. I zu vermögen, welcher für Posen 
ein gleichzeitig mit der Verfassungsurkunde zu erlassendes 
und die durch die Wiener Traktate und königlichen Ver- 
heißungen von 1815 gewährleisteten Rechte zur Aus- 
führung bringendes „organisches Statut“ in Aussicht 
stellen sollte. Minister v. Manteuffel stellte freilich dabei 
Regierungsvorlagen in Aussicht, welche dem polnischen 
Element eine gewisse Berücksichtigung bringen würden; 
doch würden diese Vorlagen — die später übrigens gar 
nicht eingebracht wurden! — niemals dahin gehen, „dem 
Großherzogtum Posen eine besondere staatliche Existenz 
zu sichern“. Ebenso bestritt er, daß auf Grund der Vor- 
änge von 1815 dem Großherzogtum Posen ein anderer 
harakter als der einer bloßen Provinz der preußischen 
Monarchie, gleich allen übrigen Provinzen der letzteren, 
beigemessen werden könne. Nichts folge jedenfalls aus 
dem vom preußischen Könige angenommenen Titel eines 
Großherzogs von Posen“: „Ich halte es kaum für nötig, 
darauf hinzuweisen, daß der Titel des Königs von Preußen 
aus vielen ähnlichen zusammengesetzt ist; er hat ebenso 
den Titel eines Herzogs von Sachsen und eines Groß- 
herzogs vom Niederrhein.“ Dem Minister v. Manteuffel 
sekundierte auch der Bericht des Zentralausschusses, 
welcher bemerkte, „daß namentlich die Wiederaufnahme 
des von der N.V. im vorigen Jahre beschlossenen Zusatzes 
den Bestimmungen dieses Titels etwas ganz Fremdartiges 
und nicht hierher, sondern in die Provinzialgesetzgebung 
Gehöriges beimischen würde.“
	        
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