Full text: Preußisches Staatsrecht.

156 $ 8. Die Rechte der Preußen. 
Herrschermacht ist Staatsangehöriger ım weiteren 
Sinne. Im engeren Sinne aber bezeichnet Staats- 
angehörigkeit die Eigenschaft des einzelnen staats- 
gewaltunterworfenen Willenssubjektes als Glied 
des Staatsverbandes. Sofern dasselbe als Träger von 
Pflichten gegenüber dem als juristische Person quali- 
fizierten Staatsverband gewürdigt wird, heißt es auch 
„Untertan“; dagegen „Staatsbürger“, wenn die Würdi- 
gung es als Träger von Rechten in diesem Verhältnis 
erfaßt. Im eingeschränkteren, engeren Sinn geht 
„Staatsbürger“ jetzt schließlich noch auf die Staats- 
angehörigen, welche — außer dem konstitutionellen 
Monarchen — einen aktiven Einfluß auf die Bildung des 
Staatswillens selbst zu äußern befähigt sind (Vollbürger). 
„Staatsfremde“ sind die einer anderen Staatsgewalt 
unterworfenen Willenssubjekte.. Da die Staatsgewalt 
in dem Staatsgebiet an sich ausschließlich den Schau- 
platz ihrer Betätigung sieht, ergreift sie notwendig 
auch einzelne, durch Aufenthalt oder Grundbesitz in 
ihren Einwirkungsbereich geratende Staatsfremde, so 
lange dies Grundverhältnis währt, jedoch ohne von 
ihnen das Vollmaß der Pflichten der eigentlichen Staats- 
genossen zu beanspruchen. Derartige Staatsfremde 
heißen subditi temporarii, uneigentliche Untertanen, bei 
der bloß durch Grundbesitz vermittelten Unterwürfigkeit 
auch „Forensen“. 
Für die Individuen, welche die Staatsangehörigkeit 
im engeren Sinne für den Einheitsstaat Preußen be- 
sitzen, kommt aber, wie für die Angehörigen der übrigen 
deutschen Einzelstaaten, noch eine zweite durch das 
Bestehen des Reiches vermittelte Staatsangehörigkeit 
in Betracht: jeder Preuße ist zugleich Reichsangehöriger. 
Die Reichsgewalt hat selbst durch Gesetz vom 1. Juli 
1870 den Erwerb und Verlust der Reichs- und Glied- 
Staatsangehörigkeit geregelt. Danach ist die Glied- 
staatsangehörigkeit das primäre Verhältnis und bedingt
	        
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