Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 8. Die Rechte der Preußen. 169 
Dritte verpflichtet. Ausnahmen soll nur die Gesetzgebung 
und zwar nur für strafgerichtliche Untersuchungen un 
für Kriegsfälle festsetzen dürfen. Weiter als die Ver- 
pilichtung zur Wahrung des Briefgeheimnisses geht für 
ie Postbeamten außerdem noch das Amtsgeheimnis. Jetzt 
normiert das Priefgeheimnis $ 5 Reichspostgesetz vom 
28. Oktober 1871, das Telographen eheimnis & 8 Reichs- 
telegraphengesetz vom 6. April 1892; daneben $$ 299, 354, 
355, 358 R.St.G.B. 
11. Anspruch auf Versammlungs- und Vereinsfreiheit. 
Art. 29: „Alle Preußen sind berechtigt, sich ohne 
vorgängige obrigkeitliche Erlaubnis friedlich und ohne 
Waifen in geschlossenen Räumen zu versammeln. Diese 
Bestimmung bezieht sich nicht auf Versammlungen unter 
freiem Himmel, welche auch in bezug auf vorgängige obrig- 
keitliche Erlaubnis der Verfügung des Gesetzes unterworfen 
sind.“ Art.30: „Alle Preußen haben das Recht, sich zu solchen 
Zwecken, welche den Strafgesetzen nicht zuwiderlaufen, 
in Gesellschaften zu vereinigen. Das Gesetz regelt, ins- 
besondere zur Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit, 
die Ausübung des in diesem und in dem vorstehenden 
Art. (29) gewährleisteten Rechts. Politische Vereine 
können Beschränkungen und vorübergehenden Verboten 
im Wege der Gesetzgebung unterworfen werden.“ Die 
Verfassung betrachtet das Versammlungs- und das Vereins- 
recht als „natürliche“ Rechte, d.h. als besondere von ihr 
arantierte Ausflüsse der allgemeinen natürlichen Hand- 
ungsfreiheit. Doch gilt dies nur für das Versammlungs- 
recht, welches friedlich und ohne Waffen in geschlossenen 
Räumen ausgeübt wird, und für das Vereinsrecht, welches 
nicht zu strafgesetzwidrigen Zwecken ausgeübt wird. Die 
Ausübung beider in diesem Sinne verstandenen Rechte 
zu regeln, ist Aufgabe der Gesetzgebung; doch bedeutet 
von vornherein die Freiheit des von der Verfassung ge- 
währleisteten Versammlungsrechts die Unabhängigkeit 
von vorgängiger obrigkeitlicher Erlaubnis. „Geschlossene 
Räume“ bilden den Gegensatz zu „unter freiem Himmel“ 
und sind solche, „die nicht nur in der Länge und Breite, 
sondern auch in der Höhe geschlossen sind“ (II. K., S. 650). 
Versammlungen unter freiem Himmel sind von der Ver- 
fassungsgarantie der Versgammlungsfreiheit ausgenommen 
und unterstehen in jeder Hinsicht, namentlich auch in 
bezug auf vorgängige obrigkeitliche Erlaubnis, un- 
beschränkt der Verfügung der Gesetzgebung, die sie daher 
auch ganz verbieten kann. Das in politischen Vereinen 
zur Erscheinung kommende Vereinsrecht steht zwar an 
sich unter der Garantie der Verfassung, aber dieselbe hat 
„der Gesetzgebung die Möglichkeit vorbehalten zu müssen
	        
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