174 $ 8. Die Rechte der Preußen.
eübte Mitwirkung bei Besetzung kirchlicher Stellen
(Militär- und Anstaltsgeistliche ausgenommen!); ebenso
kam in Wegfall „die präventive Polizeimaßregel des so-
enannten Plazet“. Aber wie schon die Bekanntmachung
irchlicher Anordnungen der allgemeinen über das Ver-
öffentlichungswesen bestehenden Rechtsordnung des
Staates unterstellt blieb, bedeutete auch die Verfassungs-
erantie der „Selbständigkeit“ der religionsgesellschaft-
ichen Selbstverwaltung nicht. einen vollständigen Aus-
schluß der staatlichen Aufsicht. Schon Minister v. Laden-
berg bemerkte in seiner Denkschrift vom 15. Dezember
1848: „daß es ein negatives Recht des Staats gegen-
über den Religionsgesellschaften gebe, auf welches er
nicht verzichten könne“. Kraft seiner, einen selbst-
verständlichen Ausfluß der Staatsgewalt darstellen den
Religionshoheit (jus majestaticum cırca sacra) blieb der
Staat befugt, bei verletzenden Übergriffen einer Religions-
esellschaft in das Gebiet des Staates oder einer anderen
eligionsgesellschaft beseitigend oder hindernd einzu-
schreiten; jedenfails sprach auch bei Kompetenzzweifeln
über das Gebiet der eigenen Angelegenheiten der Religions-
gesellschaft die Präsumtion zugunsten des Staates. Da
edoch während des „Kulturkampfes“ von ultramontaner
Seite behauptet wurde, durch Art. 15 sei die Gesstzgebungs-
ewalt und das Oberaufsichtsrecht des Staates überhaupt
ın allen Fragen, welche eine Religionsgesellschaft nach
ihren Glaubenslehren für ihre Angelegenheiten erachten
müsse, beseitigt, so suchte man sıch zunächst durch ein
Deklarationsgesetz vom 5. April 1873 zu helfen, daß die
Religionsgesellschaften trotz ihrer Selbstverwaltung „den
Staatsgesetzen und der genstzlich geordneten Aufsicht
des Staates unterworfen blieben“, und sprach schließlich
die. Aufhebung jener drei Artikel durch verfassungs-
änderndes Gesetz vom 18. Juni 1865 aus: weil die „Gesetz-
ebung freier Bahn bedürfe, um den Staat unter allen
mständen zu sichern gegen den seine Hoheitsrechte
mißachtenden und angreifenden und damit ihn selbst ge-
fährdenden, von Rom geleiteten Klerus.“ Selbstverständ-
lich bedeutete die Aufhebung keine AÄnnullierung nach
rückwärts; die beim Inkrafttreten der Verfassung durch
Art. 15, 16, 18 beseitigten älteren Rechtsnormen blieben
in Wegfall. Der Abbruch des Kulturkampfes hat aber
zu einer Restitution der Art. 15, 16, 18 nicht geführt.
In zwei Beziehungen hat die Verfassung in Verbindung
mit der Regelung der Religionsfreiheit eine neue staats-
gesetzliche Ordnung in Aussicht gestellt: a) Art. 17:
„Über das Kirchenpatronat und die Bedingungen, unter
welchen dasselbe aufgehoben werden kann, wird ein be-
sonderes Gesetz ergehen.“ Die Verfassung betrachtet das