Full text: Preußisches Staatsrecht.

8 9. Das konstitutionelle Königtum. 187 
eigene Hausverfassung die Frage zu regulieren, welche 
Anforderungen sie in bezug auf ebenbürtige Ehen ihrer 
Glieder aufstellen will. 
Das Sukzessionsrecht in abstracto ist staatsrecht- 
licher Natur und hat zum Inhalt den unmittelbar aus 
der objektiven Rechtsordnung fließenden, selbständigen 
Anspruch, unter gewissen Voraussetzungen (Warte- 
recht! Anwärter!) in die vakante Stelle des Trägers 
der Staatsgewalt einzurücken. Von dem verfassungs- 
bestimmenden Willen abgesehen, kann es nicht ein- 
seitig wider den Willen des Berechtigten entzogen 
oder beschränkt werden. Es ist auch höchst persön- 
lich: der Berechtigte kann es nicht einem Dritten über- 
tragen, und tritt ein Vorberechtigter zurück, so rückt 
ohne weiteres der Nächstberechtigte in die freie Stelle. 
Das Sukzessionsrecht in concreto hängt von einer 
wirklichen Erledigung der Stelle des Trägers der 
Staatsgewalt und von der Frage ab, wer von den 
Sukzessionsberechtigten in abstracto in einem solchen 
verwandtschaftlichen Verhältnis zum letzten Thron- 
inhaber steht, daß er „nach dem Recht der Erstgeburt 
und der agnatischen Linealfolge“ als Erstberechtigter 
erscheint. „Das Wesen der Primogeniturordnung, im 
Unterschied von Majorat und Seniorat, besteht darin, 
daß der natürliche Altersvorzug, allein und ohne weitere 
Rücksicht, nur da den Ausschlag gibt, wo es sich um 
die Söhne des ersten Erwerbers bzw. des letzten In- 
habers der Krone handelt. Sobald die Sukzession über 
die Söhne hinausgeht, tritt unter deren Deszendenten 
die reine Linealfolge ein, d.h. es findet ein unbedingtes 
Repräsentationsrecht statt, indem selbst der ent- 
fernteste Deszendent an die Stelle seines vorher ge- 
storbenen Aszendenten tritt, und ein Übergang auf die 
Linie eines jüngeren Sohnes nur zulässig ist, wenn in 
der Linie des älteren Sohnes gar kein sukzessions- 
fähiges Mitglied mehr vorhanden ist. Es wird also hier
	        
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