190 8 9. Das konstitutionelle Königtum.
Form der Annahme eines gleichberechtigten Mitregenten
unstatthaft. Der Verzichtende wird selbst Untertan
des neuen Herrschers, ungeachtet ihm gewisse finan-
zielle oder titulare Vorrechte vom neuen Herrscher im
Rahmen der Zuständigkeit desselben bewilligt werden
können. Der schon geborenen Deszendenz des Ver-
zichtenden schadet der Thronverzicht nicht; „dagegen
muß die nach dem Verzicht geborene thronfähige De-
szendenz der Linie des nun regierenden Herrn weichen,
nach deren Erlöschen erst ihr eventuelles Sukzessions-
recht in verfassungsmäßiger Reihenfolge wieder zur
Geltung kommen würde“ (H. Schulze).
Der konstitutionelle Hohenzollernmonarch ist Organ
des den Charakter absoluter Einheitlichkeit aufweisen-
den staatlichen Gemeinwesens Preußen, welches als
Gesamtperson selbst Subjekt der preußischen Staats-
gewalt ist. Aber seine Organschaft ist so geartet, daß
bei ihm als alleinigem Träger der Staatsgewalt der
Staatswille an und für sich in seiner Fülle ruht. Alle
Handlungen der staatlichen Gesamtperson Preußen
nach außen hin, d. h. dritten Rechtssubjekten gegen-
über, erfolgen an und für sich im Namen des Königs.
Diese Rechtsposition des Königs gründet sich auf den
unmittelbaren Willen der objektiven Rechtsordnung;
er ist „unmittelbar berechtigtes“ Staatsorgan und steht
auf seinem Posten kraft „eigenen“ Rechtes. Freilich
können auch andere „unmittelbar berechtigte“ Individuen
und Individuenkollegia berufen sein, bei der Hervor-
bringung des schließlich nach außen hin als königlicher
Wille erscheinenden Willens der staatlichen Gesamt-
person Preußen einen bestimmten Einsatz zu machen»
wie andererseits das persönliche Handeln des Königs
im Namen des Staates sich innerhalb bestimmter, durch
Verfassung und Recht aufgerichteter Schranken zu be-
wegen hat. Aber in jedem Fall spricht die Präsumtion
zugunsten des Rechtes und der Freiheit des Königs.