Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 9. Das konstitutionelle Königtum. 197 
Träger der Exekutive gibt die näheren Anordnungen 
über das Gepräge der Münzen (Königliches Bildnis). Jetzt 
gehört nach Art. 4, Z. 3 R.V. die Ordnung des Münz- 
wesens zur Reichskompetenz. 
c) Nach Art. 46 „führt der König den Öberbefehl 
über das Heer“. Das Heer ist der organisierte Personen- 
kreis, welcher dazu bestimmt ist, mit bewaffneter Hand 
einerseits die Selbständigkeit und die Rechte des Staates 
gegen fremde Staaten zu behaupten und zu verteidigen, 
andererseits gegebenenfalls auch die innere Sicherheit des 
Landes aufrechtzuerhalten. Nach der Verfassung be- 
griff das Heer alle Abteilungen des stehenden Heeres 
und der Landwehr, auch sollte der König im Kriegsfalle 
nach Maßgabe des Gesetzes den Landsturm aufbieten 
können (Art. 35). Die Grundlagen der Organisation des 
als Heer umgrenzten Personenkreises denkt sich der Ver- 
fassungsgesetzgeber als durch die Gesetzgebung normiert 
(Art. 34f.).. Innerhalb dieser gesetzlich umgrenzten „Ver- 
anstaltung des Staates“ aber legt er durch die positive 
Verleihung des „Oberbefehls“, sowie durch die Vorschrift 
des Art. 108, S. 2: „Eine Vereidigung des Heeres auf die 
Verfassung findet nicht statt“, die entscheidende Direktive 
ohne Konkurrenz der Volksvertretung allein in die Hände 
des Königs. Die vom König kraft des Oberbefehls ge- 
ebenen Anordnungen waren unzweifelhaft Regierungs- 
andlungen desselben; aber der Natur der Sache nach 
konnte der Verfassungsgesetzgeber nicht daran denken, 
auch hier an sich den Grundsatz des Art. 44 von der 
ministeriellen Verantwortlichkeit und Gegenzeichnung 
walten zu lassen. Das Recht des Oberbefehls ist im 
Sinne des Art. 46 als eine nach höchstpersönlichem Er- 
messen des Königs auszuübende Befugnis gedacht, und 
daher war es auch dem Willen des Königs überlassen, 
inwieweit er — sofern nicht positive gesetzliche Ver- 
pflichtungen vorlagen — auf diesem Gebiet eine ministe- 
rielle Kontrasignatur zulassen wollte Durch einen vom 
Kriegsminister kontrasignierten A.E. vom 18. Januar 1861 
wurde denn auch bestimmt, daß „Armeebefehle, sowie 
Ordres in Militärdienstsachen oder Personalangelegen- 
heiten“ ohne. ministerielle Gegenzeichnung zu expedieren 
seien. Andererseits hatte freilich das Recht des Königs 
eine Schranke an dem Etatsrecht der Volksvertretung. 
Jetzt ist die Materie durch die Reichsgesetzgebung 
modifiziert. 
d) Nach Art. 47 „besetzt der König alle Stellen im 
Heer sowie in den übrigen Zweigen des Staatsdienstes, 
sofern nicht das Gesetz ein anderes verordnet“, d.h.
	        
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