$ 9. Das konstitutionelle Königtum. 201
Regentschaft selbständig und an sich ohne Zutun des
Königs in Kraft treten kann, doch besonderen Wert
darauf gelegt, dies Institut möglichst in enge Ver-
bindung mit dem Anrecht zu bringen, das er dem
brandenburgischen Hohenzollernhause an der Krone
Preußens reservierte (II. K., S. 330, 352 £.; I. K., S. 1227 £.).
Demgemäß fällt bei der Notwendigheit einer Regent-
schaft dieselbe an sich ipso jure demjenigen volljährigen
Agnaten zu, welcher der Krone am nächsten steht,
(„geborener Regent“). Er ist es, der das Verfahren
einzuleiten hat, durch welches die Notwendigkeit einer
Regentschaft außer Zweifel gestellt wird: „er hat sofort
die Kammern zu berufen, die in vereinigter Sitzung
über die Notwendigkeit der Regentschaft beschließen“
(Art. 56). Dabei erachtete man es als selbstverständ-
lich, daß der Agnat die Frage nach der Notwendigkeit
der Regentschaft „nur durch Vermittlung und unter
Mitwirkung, ja unter Verantwortlichkeit des Staats-
ministeriums“ den Kammern vorlegen könne: „denn
wenn selbst nicht der regierende König eine Regierungs-
handlung vornehmen kann, für welche nicht sein
Ministerium verantwortlich ist, so wird doch um so
weniger irgend jemand daran denken, daß ein Agnat
auf solche Weise ohne das Ministerium mit den
Kammern verhandeln und irgend etwas verfügen
könnte.“ Andererseits darf beim Vorhandensein eines
volljährigen, der Krone am nächsten stehenden Agnaten
auch das Staatsministerium nicht einseitig behufs Ein-
leitung einer Regentschaft vorgehen: „es muß neben
dem Ministerium, welches den Kammern verantwortlich
ist, auch die Stimme des Königlichen Hauses durch
den Agnaten, der nach der Beratung des Ministeriums
die Kammern einberufen will, sich für die Notwendig-
keit der Regentschaft erklärt haben“ (II. K., S. 354).
Sind der volljährige, der Krone am nächsten stehende
Agnat und das Staatsministerium über die Notwendig-