302 8 9. Das konstitutionelle Königtum.
keit der Regentschaft ‚einverstanden, so „übernimmt“
der Agnat die Regentschaft, d. h. er hat vermöge einer
speziellen im Art. 56 enthaltenen Delegation durch
einen vom Staatsministerium kontrasignierten Rechts-
setzungsakt vorschriftsmäßigbekanntzumachen (Art. 106),
daß er die ihm von Rechts wegen angefallene Stellung
des Regenten angetreten habe. Allerdings ist dieser
Rechtssetzungsakt durch die Zustimmung der Kammern
bedingt, deren Beschluß die Annahme der Notwendig-
keit der Regentschaft außer Zweifel stellen soll. Da
hierbei eine Funktion der richterlichen Gewalt (II. K.,
S. 353) in Frage kommt, dürfen die Kammern nicht nach
rein politischen Zweckmäßigkeitserwägungen, sondern
nur nach den durch die Natur der Sache gegebenen
Rechtsgrundsätzen (Krankheit, Kriegsgefangenschaft)
beschließen. Sie dürfen daher im Falle notorischer
Minderjährigkeit des Königs nicht die Notwendigkeit
der Regentschaft verneinen und eventuell den noch
minderjährigen König zur Regierung selbst zulassen.
Verneinen jedoch die Kammern selbst unter Anwendung
von Rechtsgrundsätzen die Notwendigkeit der Regent-
schaft, so tritt der Regent außer Funktion und der
zunächst als behindert anzusehende König zurück in
sein volles Recht; doch wirkt der negative Kammern-
beschluß nicht nach rückwärts annullierend auf die
Regierungshandlungen des Regenten. „Für die Fälle,
wo die Regentschaft eintritt, eine bestimmte Frist zur
Versammlung der Kammern festzusetzen,“ erschien
dem Verfassungsgesetzgeber nicht angemessen; er hielt
es für genügend, „in der Verfassung den Grundsatz aus-
zudrücken, daß die Einberufung der Kammern sobald
als möglich erfolgen solle“, und wollte dies durch das
„sofort“ (Art. 56) erreichen. Den Kammern steht es
nicht zu, dem. Regenten besondere Bedingungen vor-
zuschreiben, da sie sonst „einseitigund ohne Zustimmung
der Krone die Verfassung ändern könnten“ (I. K.,