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Die verantwortlichen Minister.
Wenn auch der Verfassungsgesetzgeber beim kon-
stitutionellen Hohenzollernkönig an sich das „Selbst-
regieren“ voraussetzt, so wird derselbe doch bei der
Kompliziertheit der modernen Geschäftsverhältnisse
sich naturgemäß auf die Angabe der allgemeinen
Direktiven für den Lauf des Staatsschiffs beschränken
und das Detail der Regierung von ihm beauftragten
Dritten überlassen. Zur persönlichen Vornahme einer
Regierungshandlung ist der Monarch wirklich nur da
verpflichtet, wo Verfassung und Gesetz dies positiv
anordnen. Die Präsumtion spricht für die Delegirbar-
keit der königlichen Befugnisse. So stehen denn auch
als Beauftragte des Königs an der Spitze der laufenden
Staatsverwaltung an sich die Minister, die zugleich
verfassungsrechtlich die Verantwortlichkeit für das
Selbstregieren des Monarchen tragen. Dieser Minister
gibt es gegenwärtig neun (Auswärtiges, Krieg, Finanzen,
Justiz, Inneres, Kultus, Handel, Landwirtschaft, öffent-
liche Arbeiten).
Die Minister stellen in Preußen nicht etwa ein
Exekutivkomitee der führenden Parlamentsgruppen dar;
der König kann sie ohne Rücksicht auf die Wünsche
der politischen Parteien in ihr Amt berufen und darin
belassen. Selbst nicht der Nachweis einer bestimmten
fachlichen Vorbildung ist Voraussetzung für die Be-
kleidung eines Ministerpostens. Als Staatsdiener stehen
die Minister unmittelbar unter dem Monarchen, und
ihre Verantwortlichkeit gegen diesen galt für so selbst-
verständlich, daß man es für überflüssig hielt, dessen
in der Verfassungsurkunde ausdrücklich zu gedenken.
Der interne schriftliche Verkehr zwischen Monarch
und Minister unterliegt nicht der Kontrasignierungs-