Full text: Preußisches Staatsrecht.

216 $ 11. Die Volksvertretung. 
erst mit der förmlichen Schließung (Art. 77) beendigt. 
Vorher sind die Kammern zum Auseinandergehen nicht 
befugt. Jede Sitzungsperiode bildet für sich ein ab- 
geschlossenes Ganzes, so daß mit der Schließung die 
unerledigt gebliebenen Arbeiten der Kammern (Ge- 
setzesvorlagen, Anträge, Petitionen) für erledigt er- 
achtet werden (Prinzip der Diskontinuität). Die „Ver- 
tagung“ läßt den Lauf der Sitzungsperiode an sich un- 
berührt und bewirkt nur eine Unterbrechung der 
faktischen Tätigkeit des Landtags auf bestimmte Zeit; 
hier gilt der „Grundsatz der Kontinuität“ der Geschäfte 
des Landtags. 
An sich hängt es von dem Ermessen des Königs 
ab, wann er den Landtag einberufen will. Nach Art. 76 
soll er es tun, „so oft es die Umstände erheischen“. 
Ein Muß der Einberufung besteht aber darin: a) daß 
der Landtag regelmäßig in dem Zeitraum von Anfang 
November jeden Jahres bis zur Mitte des folgenden 
Januar einzuberufen ist (Art. 76); b) daß beide Kammern 
binnen % Tagen nach der Auflösung der II. Kammer 
zu versammeln sind (Art. 51). Die Einberufung erfolgt 
herkömmlich durch ministeriell kontrasignierten, in der 
Gesetzsammlung publizierten Erlaß des Königs; die 
Mitglieder der I. Kammer werden außerdem einzeln 
durch königliche Spezialerlasse geladen. 
Zugunsten der einzelnen Landtagsmitglieder besteht 
eine Reihe gesetzlicher Schutzvorschriften, welche 
deren freie parlamentarische Berufsübung zu sichern 
bestimmt sind: 
1. „Sie stimmen nach ihrer freien Überzeugung und 
sind an Aufträge und Instruktionen nicht gebunden“ 
(Art. 83). 2. Sie dürfen außerhalb der Versammlung, zu 
welcher sie gehören, weder wegen ihrer Abstimmungen, 
noch wegen ihrer in Ausübung des parlamentarischen 
Berufs getanen Äußerungen zur Verantwortung gezogen 
werden ($ 11 R.St.G.B., Art. 84). 3. „Kein Mitglied einer
	        
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