$ 11. Die Volksvertretung. 225
seitigen parlamentarischen Widerspruch zu erheben,
hat er mit dem Art. 109 dem Landtag und jeder Kammer
die rechtliche Möglichkeit genommen, durch einseitigen
Widerspruch Steuern und Abgaben, welche durch rechts-
gültig bestehende Rechtsnormen etwa nicht unmittel-
bar für die Staatskasse, sondern für andere Rechts-.
subjekte bestimmt sind, außer Kraft zu setzen; ja er
hat einerseits durch die allgemeine Wendung: „Die
bestehenden Steuern und Abgaben“, andererseits durch
die Worte „werden forterhoben“ seinen Willen auch
dahin erklärt, daß die für die Staatskasse bestimmten
Steuern und Abgaben von der Staatsregierung erhoben
werden müssen, sofern dies in dem Willen der die
fragliche Steuer- und Abgabenerhebung anordnenden
Rechtsnorm liegt, während er im Art. 100 nur von
einem Erheben-Dürfen für die Staatskasse ge-
sprochen hatte.
c) Art. 101: „In betreff der Steuern können Be-
vorzugungen nicht eingeführt werden. Die bestehende
Steuergesetzgebung wird einer Revision unterworfen
und dabei jede Bevorzugung abgeschafft.“ Das ist eine
Direktive für die gewöhnliche Steuergesetzgebung, daß
die bestehenden Steuerprivilegien aufgehoben und neue
nicht mehr eingeführt werden sollen. Gemeint sind
auch nur Bevorzugungen für individuell bestimmte
Personen, nicht für ganze Bevölkerungsklassen.
d) Art. 102: „Gebühren können Staats- oder Kom-
munalbeamte nur auf Grund des Gesetzes erheben.“
Diese Bestimmung wendet sich mit einem Gebot an
die einzelnen, mit den Zahlungspflichtigen direkt in
Verkehr tretenden Beamten und zwar nur hinsichtlich
der in die eigene Tasche der Beamten fließenden „Ge-
bühren“: ihre Erhebung ist nur statthaft „auf Grund
des Gesetzes“. |
e) Art. 104: „Die Rechnungen über den Staatshaus-
haltsetat werden von der ÖOberrechnungskammer ge-
Hubrich, Preußen. 15