Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 12. Der Staatedienst. 233 
Instanz der bei dem Kammergerichte in Berlin zu 
bildende große Disziplinarsenat (15 Mitglieder). Die 
Disziplinarstrafen vergelten zur Sühne vollendetes Un- 
recht. Als Folge des Aufsichtsrechts kommt daneben 
noch eine formlose „Mahnung an die Beamtenpflicht“ 
von präventivem Charakter vor: a) um im einzelnen 
Fall die ordnungswidrige Ausführung eines Amts- 
geschäfts zu verhüten bzw. die versäumte rechtzeitige 
und sachgemäße Erledigung eines Amtsgeschäfts zu 
bewirken ($ 23 G. v. 9. April 1879); b) um durch „Kor- 
rektur aller, selbst außeramtlicher, geringerer Dienst- 
vergehen“ den gemahnten Richter vor gleichen Fehl- 
griffen in Zukunft zu bewahren ($ 13 G. v. 7. Mai 1851). 
Gegenüber der „Mahnung an die Beamtenpflicht“ hat 
der Richter die Möglichkeit, selbst die Einleitung der 
förmlichen Disziplinaruntersuchung zu beantragen ($ 23, 
24 G. v. 9. April 1879). 
„Von den nicht zum Richterstande gehörigen Staats- 
beamten“ sagt der einzige den Tit. VII bildende Art. ®, 
daß ihre besonderen Rechtsverhältnisse, einschließlich 
derjenigen der Staatsanwälte, durch ein Gesetz geregelt 
werden sollen, „welches, ohne die Regierung in der 
Wahl der ausführenden Organe zweckwidrig zu be- 
schränken, den Staatsbeamten gegen willkürliche Ent- 
ziehung von Amt und Einkommen angemessenen Schutz 
gewährt“. Dies verheißene organische Staatsdiener- 
gesetz ist noch nicht ergangen. An sich ist der König 
auch das zuständige Organ, welches namens des Staates 
die öffentlich-rechtlichen Dienstverträge mit Bezug auf 
die nichtrichterlichen Ämter abschließt (Art. 47); doch 
kann er sein Recht nach unten delegieren. Der nicht- 
richterliche Beamte erfreut sich nicht der Unabhängig- 
keit der Mitglieder des Richterstandes; er untersteht 
der Dienstgewalt des Staates in intensiverer Weise. 
Auch in bezug auf die ihm obliegende Anwendung von 
Rechtsnormen ist er an die internen Dienstbefehle
	        
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