Full text: Preußisches Staatsrecht.

82. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechtse. 35 
das A.L.R. zunächst als eine gegebene Tatsache hin, 
ohne es für nötig zu halten, für seine eigenartige Aus- 
bildung eine adäquate Erklärung und Rechtfertigung 
zu geben. Die Rechtsordnung des hohenzollernschen 
Gesamtstaates erscheint im A.L.R. durchaus als ein Ge- 
bilde von eigener Selbständigkeit. Nur in ein paar ver- 
einzelten Stellen wird dem Umstand, daß der deutsche 
Reichsverband doch auch in gewissen Beziehungen zu 
gewissen Teilen des hohenzollernschen Gesamtstaates 
stehe, Rechnung getragen ($ 1026, I, 11; $ 1078, II, 11). 
Die Beziehungen der zum hohenzollernschen Gesamt- 
staat vereinigten Lande zu „fremden Staaten“ unterliegen 
an sich dem „Völkerrecht und den mit den verschiedenen 
Höfen obwaltenden Verträgen“ ($ 36 Einl.). Indem die 
Völkerrechtstheorie des 18. Jahrhunderts in Ansehung der 
völkerrechtsfähigen Staaten zwischen „ganz souveränen“ 
und „halb souveränen“ unterschied, rechnete sie unter die 
erste Kategorie auch das eigentliche Preußen, Schlesien 
und die Grafschaft Glatz, unter die zweite die Terri- 
torien der deutschen Reichsstände. Wenngleich nun 
auch das Hohenzollernkönigtum damals im praktischen 
internationalen Verkehr von einer derartigen verschie- 
denen völkerrechtlichen Einschätzung der einzelnen 
Bestandteile des hohenzollernschen Gesamtstaates ge- 
gebenenfalls Gebrauch zu machen nicht unterließ, so 
verkannte die Praxis des Völkerverkehrs im allgemeinen 
doch nicht, daß hinter einem Entschluß des Hohen- 
zollernkönigs tatsächlich die ganze Macht des hohen- 
zollernschen Gesamtstaates stehe, und man bezeichnete 
daher in der internationalen Geschäftssprache mit „la 
Prusse“ kurzweg den hohenzollernschen Gesamtstaat. 
Die im hohenzollernschen Gesamtstaat lebenden oder 
Geschäfte treibenden „Untertanen fremder Staaten“ 
unterstehen nach dem A.L.R. grundsätzlich demselben 
Recht wie die Einheimischen ($ 34f. Einl.), doch kann 
das Retorsionsrecht angewendet werden, wenn ein 
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