Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 2. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechts. 45 
der Rechtslehrer und den älteren Aussprüchen der 
Richter“, d. h. der sogenannten communis doctorum 
opinio und den richterlichen Präjudikaten die Kraft 
echter Rechtsquellen, besonderer Gesetze im Sinne 
von $ 1 Einl., ab. Dem Umfang nach erscheint überhaupt 
die durch die $$ 7—9 Einl. angeordnete Zuziehung der 
Gesetzkommission auf jeden neuen Gesetzgebungsakt 
des Landesherrn erweitert. Doch ist als Folge der 
Übergebung der Gesetzkommission nicht etwa die 
Rechtsunverbindlichkeit des bekannt gemachten Ge- 
setzes ausgesprochen, sondern nur die persönliche Haft- 
barkeit des Vorgesetzten des betreffenden Departe- 
ments im Staatsrat, d. h. selbstverständlich nicht nur 
dem Landesherrn, sondern auch dem beeinträchtigten 
Staatsbürger gegenüber. Etwas anderes war es freilich, 
wenn die Übergehung der Gesetzkommission auf dem 
besonderen Willen des Königs selbst beruhte. 
Der Mitwirkung der provinzial-partikulären Land- 
stände bei der landesherrlichen Gesetzgebung gedenkt 
das A.L.R. nur indirekt. In $ 2 Einl.: „Besondere Pro- 
vinzialverordnungen und Statuten einzelner Gemein- 
heiten und Gesellschaften erhalten nur durch die landes- 
herrliche Bestätigung die Kraft der Gesetze,“ gehen 
die „besonderen Provinzialverordnungen“ gerade auf 
die mit Zuziehung der provinzial-partikulären Stände 
erlassenen Rechtssetzungsakte des Staatsoberhaupts. 
Die deutsche Staatsrechtstheorie betrachtete damals 
die Befugnis, „den Aufsatz machen zu dürfen“, d.h. im 
modernen Sinne die Gesetzesinitiative, an sich als „ein 
Vorrecht des Landesherrn, so ihm niemand streitig 
machen kann“, und das A.L.R. teilt diesen Standpunkt. 
Doch wurden für gewisse Kreise Ausnahmen an- 
genommen, wonach diese einen formulierten Gesetz- 
entwurf herstellen durften und somit ein Recht des 
Gesetzesvorschlags tibten. Hiervon geht auch der $ 2 
Einl. aus. Nach ihm können die provinzial-partikulären
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.