Full text: Preußisches Staatsrecht.

60 $ 2. Das Staatsrecht des Allgemeinen Landrechts. 
auf das sogenannte exercitium religionis privatum be- 
sitzen ($ 22, Nur den ersteren, d. h. den Kirchengesell- 
schaften des römisch-katholischen, lutherischen und refor- 
mierten Bekenntnisses werden die Rechte „privilegirter 
Korporationen“ zuerkannt ($ 17); nur ihre gottesdienst- 
lichen Gebäude heißen Kirchen und sind als privilegierte 
Gebäude des Staates anzusehen ($ 18); nur ihre zur Feier 
des Gottesdienstes und zum Religionsunterricht bestellten 
Personen haben mit anderen Beamten im Staat gleiche 
Rechte ($ 19). Die Rechte bloß geduldeter Kirchengesell- 
schaften genießen die jüdischen emeinden. Die bloß ge- 
duldeten Kirchengesellschaften dürfen weder das Eigen- 
tum ihrer gottesdienstlichen Gebäude ohne besondere 
staatliche Erlaubnis erwerben, noch sich der Glocken be- 
dienen “oder öffentliche Feierlichkeiten außerhalb der 
Mauern ihres Versammlungshauses anstellen ($$ 24, 25). 
Immerhin ist die Privat- und öffentliche Religionsübung 
einer jeden Kirchengesellschaft der Oberaufsicht des 
Staates unterworfen ($ 32). Allgemein schärft auch das 
A.L.R. die Pflicht ein, den bürgerlichen Frieden nicht 
durch Religionseifer zu stören ($ 37 f£.). 
Die Bevölkerung des hohenzollernschen Gesamt- 
staates gliedert das A.L.R. gesetzlich in drei Stände, 
die ihrer Natur nach wesentlich Geburtsstände waren: 
in den Adel-, Bürger- und Bauernstand. Entsprechend 
der Politik Friedrichs des Großen erhielt der Adel ge- 
setzlich die Rolle des Fundaments des hohenzollern- 
schen Gesamtstaates angewiesen. „Dem Adel als dem 
ersten Stande im Staat — heißt es $ 1, II 9 — liegt 
nach seiner Bestimmung die Vertheidigung des Staates, 
sowie die Unterstützung der äußeren Würde und 
inneren Verfassung desselben hauptsächlich ob.“ „Der 
Adel ist zu den Ehrenstellen im Staat, wozu er sich 
geschickt gemacht hat, vorzüglich berufen; doch bleibt 
dem Landesherrn die Beurteilung der Tüchtigkeit und 
die Auswahl unter mehreren Bewerbern unbenommen"“ 
($$ 35, 36). Nachdem das Hohenzollernkönigtum die 
provinzial-partikulären iura indigenatus tatsächlich außer 
Kraft gesetzt, erhielt im A.L.R. der Adel des Landes 
ein förmliches ius indigenatus mit Bezug auf die Ämter 
des hohenzollernschen Gesamtstaates verbrieft.
	        
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