Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates. 67 
hüllt hatte. Sieht man von der totalen Ungleichheit 
der geistigen Kräfte der Führung auf preußischer und 
auf gegnerischer Seite ab, so beruhte das Unglück 
Preußens wesentlich auf zwei Ursachen: einmal auf 
der kastenmäßigen Gliederung der preußischen Be- 
völkerung in die drei Geburtsstände des Adels, der 
Bürger und Bauern, und zweitens auf der Rückständig- 
keit des bisherigen Staatsverwaltungssystems, welches 
insbesondere die weit überwiegende Majorität „der 
preußischen Nation“ vollständig der Beteiligung an den 
öffentlichen Angelegenheiten entwöhnt hatte. Nach 
beiden Richtungen hin galt es bei der Fundamentierung 
des preußischen Einheitsstaates entsprechende Vor- 
kehrungen zu treffen. 
1. Der rechtlichen, im A.L.R. fixierten Unter- 
scheidung und Ungleichheit der drei Geburtsstände be- 
reitete zunächst ein Ende das Edikt vom 9. Oktober 
1507 betr. den erleichterten Besitz und den freien Ge- 
brauch des Grundeigentums, sowie !die persönlichen 
Verhältnisse der Landbewohner. 
Im Eingang erklärt König Friedrich Wilhelm III, 
daß es bei der allgemeinen Noth die Uns zu Gebote stehen- 
den Mittel übersteige, jedem einzelnen Hilfe zu verschaffen, 
und daß es ebensowohl den unerläßlichen Forderungen 
der Gerechtigkeit, als den Grundsätzen einer wohlgeord- 
neten Staatswirthschaft gemäß sei, Alles zu entfernen ‚was 
den Einzelnen bisher hinderte, den Wohlstand zu erlangen, 
den er nach Maß seiner Kräfte zu erreichen fähig war“. 
Dementsprechend hieß es im Edikt: „$ 1: Freiheit des 
Güterverkehrs. Jeder Einwohner Unserer Staaten ist 
ohne alle Einschränkung in Beziehung auf den Staat zum 
eigenthümlichen und Pfandbesitz unbeweglicher Grund- 
stücke aller Art, und der Bürger und Bauer nicht bloß 
zum Besitz bürgerlicher, bäuerlicher und anderer unad- 
liger, sondern auch adliger Grundstücke (berechtigt), 
ohne daß der eine oder der andere zu irgend einem Güter- 
erwerb einer besondern Erlaubniß bedarf, wenngleich, 
nach wie vor, jede Besitzveränderung den Behörden an- 
gezeißt werden muß. Alle Vorzüge, welche bei Güter- 
erbschaften der Adlige vor dem Bürgerlichen hatte, und 
die bisher durch den persönlichen Stand des Besitzers 
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