Full text: Preußisches Staatsrecht.

$ 3. Die Entstehung des preußischen Einheitsstaates. 71 
„Die Stadtverordneten sind berechtigt, alle diese An- 
gelegenheiten ohne Rücksprache mit der Gemeine ab- 
zumachen. Sie bedürfen dazu weder einer besondern 
Instruktion oder Vollmacht der Bürgerschaft, noch sind 
sie verpflichtet, derselben über ihre Beschlüsse Rechen- 
schaft zu geben. Das Gesetz und ihre Wahl sind ihre 
Vollmacht, ihre Überzeugung und ihre Ansicht vom ge- 
meinen Besten der Stadt ihre Instruktion, ihr Gewissen 
aber die Behörde, der sie deshalb Rechenschaft zu geben 
haben. Sie sind im vollsten Sinne Vertreter der ganzen 
Bürgerschaft, mithin so wenig Vertreter des einzelnen 
Bezirks, der sie gewählt hat, noch einer Korporation, 
Zunft usw., zu der sie zufällig gehören.“ 
3. Bereits in seiner Denkschrift vom April 1806 
hatte Stein auf die schweren Schäden hingewiesen, 
welche auch der Spitze der Verwaltung der Hohen- 
zollernmonarchie in letzter Zeit infolge des überwuchern- 
den Einflusses des Kabinetts, des Sekretariats des 
Königs, anhafteten. 
Der Monarch selbst lebt in einer gänzlichen Ab- 
geschlossenheit von seinen Ministern; er steht mit ihnen 
weder in unmittelbarer Geschäftsverbindung, noch in der 
des Umgangs, noch in der der besonderen Korrespondenz.“ 
Das Kabinett, eine Behörde ohne „gesetzliches und öffent- 
liches Dasein“ und ohne rechtliche Verantwortungspflicht, 
sei es, welche verhandle, beschließe, ausfertige, in der 
Gegenwart des Königs und in dessen Namen; es habe 
alle Gewalt, die endliche Entscheidung aller Angelegen- 
heiten, die Besetzung aller Stellen an sich gezogen. „Alle 
Einheit unter den (formell vor der öffentlichen Meinung 
die Verantwortung tragenden) Ministern selbst ist auf- 
elöst, da die Resultate aller ihrer gemeinschaftlichen 
eberlegungen, die Gültigkeit ihrer gemeinschaftlichen 
Beschlüsse von der Zustimmung des Kabinets abhän 
und es auf deren Erhaltung allein ankommt. Diese Ab- 
hängigkeit von Subalternen, die das Gefühl ihrer Selb- 
ständigkeit zu einem übermüthigen Betragen reizt, kränkt 
das Ehrgefühl der obersten Staatsbeamten; man schämt 
sich einer Stelle, deren Schatten man nur besitzt. Der 
Geist des Dienstgehorsams verliert sich bei den Unter- 
gebenen der obersten Vorsteher der Departements, da ihre 
hnmacht bekannt ist, und jeder, der den Götzen des Tages 
nahe kommen kann, vernachlässigt seine Vorgesetzten.“ 
Die Rettung vor dem Schicksal, „daß der Preußische 
Staat entweder sich auflöst oder seine Unabhärigigkeit
	        
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